Silēnos

[101] Silēnos, 1) Sohn einer Nymphe, n. And. der Gäa (welche ihn aus dem Blute des entmannten Uranos gebar), u. des Pan, od. Hermes od. Phaethon; er war Lehrer u. Erzieher des Dionysos u. dann die Hauptperson in dessen Gefolge; er nahm am Gigantenkampf Theil, erschlug den Enkelados u. trieb die andern Giganten durch das Geschrei seines Reitthieres, eines Esels, in die Flucht. Bei dem Zug des Dionysos durch das Gebiet des Midas, Königs der Phrygier, hatte S. aus der Quelle getrunken, deren Wasser mit Wein versetzt war, u. war trunken worden. In diesem Zustande wurde er vor den König gebracht u. von demselben, welcher von der Weisheit des S. gehört hatte, gefragt, was das Beste u. Wünschenswertheste für einen Menschen wäre. Nach langem Zögern antwortete S.: das Beste für den Menschen ist nicht geboren zu sein, od. nach der Geburt sogleich wieder zu sterben. Abgebildet wurde er als Greis, mit Glatze, eingedrückter Nase, krausem Bart, spitzigen Ziegenohren u. Schwanz, später auch mit Bockfüßen u. Hörnern von dicker u. gekrümmter Gestalt, einen Weinschlauch haltend u. auf einem Esel reitend od. von Satyrn geführt (denn er ist immer trunken); Methe (s.d.) credenzt ihm den [101] Becker. Außer dem Wein liebte er Musik u. Tanz. Er galt auch als Weiser, welcher das Treiben der Welt u. die Güter des Lebens verachtete, u. als begeisterter Seher, daher man ihn, wo man ihn schlafend fand, mit Blumengewinden fesselte u. zu weissagen u. zu singen nöthigte. Einen Tempel hatte er in Elis. Die Mysterien erkannten in S. den Erlöser u. Befreier; wie in physischer Hinsicht Einer sich durch den Wein, das Leibgetränk des S., von Kummer u. Sorge befreite (vgl. Lyäos), so sollte S. die Befreiung der Seele darstellen, daß sie an nichts Irdischem hing, sondern sich losriß von den Banden der Sinnlichkeit u. zum Göttlichen aufstrebte. Daher erscheint auch S. auf Todtendenkmalen u. Begräbnißlampen. Einige hielten, wie den ganzen Dionysosdienst für indisch, so auch S. für ein ursprünglich indisches Wesen. Bei den Pergamenern zeigte man auch Silengräber. Unter den erhaltenen Silenstatuen ist eine im Townleyschen Cabinet in England. Nach ihm wurden auch die ältern u. überhaupt alle Satyrn Silene (s.u. Satyrn) u. er der Ahne derselben od. deren Vater, Papposilenos, genannt; sie kommen so bes. in den Satyrdramen vor; 2) großes Silenbild, welches zu öffnen ging u. worin andere kleine, kostbare Statuen aufbewahrt wurden. 3) Grieche, machte mit Hannibal dessen Feldzüge u. schrieb dessen Geschichte; verloren.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 101-102.
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