Stempel [2]

[757] Stempel, eine besondere Art von Gebühr, welche bei gewissen Vorgängen, die eine schriftliche Aufzeichnung nothwendig machen, dadurch erhoben wird, daß entweder nur eine bestimmte Sorte Papier (Stempelpapier, Stempelbogen), welches der Staat ausgibt, zu den schriftlichen Aufzeichnungen verwendet werden darf, od. daß jede derartige Schrift mit einer ebenfalls vom Staate zu lösenden Marke (Stempelmarke), welche dann auf das Papier aufgeklebt wird, versehen sein muß. Die Stempelgebühr hat in neuerer Zeit wegen der leichten Erhebung u. Überwachung eine ziemlich allgemeine Verbreitung gefunden. Eine Art von Stempelpapier kommt schon in den Gesetzen Justinians (Nov. 44) vor; in seiner neueren Gestalt aber ist die Stempelgebühr als eine Quelle der Staatseinkünfte erst im 17. Jahrh. u. zwar zunächst in Holland erdacht u. 1624 zuerst dort eingeführt worden, nachdem die Generalstaaten einen Preis auf die Erfindung einer neuen, nicht drückenden u. doch einträglichen Abgabe gesetzt hatten. Im Jahr 1668 wurde das Stempelpapier in Spanien, 1678 in Frankreich, 1682 in Sachsen u. Brandenburg, 1686 in Österreich, 1690 in Baiern, 1709 in Hannover eingeführt. Sehr ausgedehnt ist auch der Gebrauch der Stempelgebühr in England (seit 1671; die Ausdehnung der Gebühr auf Nordamerika veranlaßte wesentlich mit den Ausbruch des Nordamerikanischen Freiheitskriegs, vgl. Stempelacte) u. Rußland; seit 1845 wurde es selbst in der Türkei eingeführt. Schriften, welche der Stempelgebühr unterfallen, aber nicht auf Stempelpapier geschrieben sind od. keine Stempelmarke tragen, sind vor Gericht[757] ungültig; außerdem verfällt jeder Defraudant in eine Strafe, welche meist in einem mehrfachen Betrage der defraudirten Stempelgebühr besteht. Doch ist es auch gestattet die Stempelgebühr in der Weise zu erlegen, daß der nicht auf Stempelpapier geschriebenen Urkunde ein leerer Stempelbogen, welcher dann zu der betreffenden Urkunde statt S-s cassirt wird, beigefügt wird. Der Geldbetrag des S-s wird nach dem Inhalte des Schreibens abgemessen u. ist in der Regel desto höher, je mehr das Schreiben für die Angelegenheiten des Stempelpflichtigen Wichtigkeit hat u. je mehr Bemühung für die Staatsbehörden die darin verbriefte Angelegenheit erzeugt. Bei Schriften über Vermögensangelegenheiten dient die darin benannte Summe od. der Werth des betreffenden Gegenstandes zum Maßstab für die verschiedenen Abstufungen (Werth- od. Gradationsstempel, Timbre proportionnel). Unter die Schriften, welche der Stempelgebühr unterworfen zu sein pflegen, gehören namentlich: Schreiben, welche mit einem Bitt- od. Klaggesuch an eine Staatsbehörde gerichtet werden, Amtsschreiben in Angelegenheiten einzelner Bürger, wie z.B. Erkenntnisse, Genehmigungen, Bestätigungen, ferner, Quittungen, Wechsel u. Anweisungen, Frachtbriefe, Bescheinigungen, Verträge, Rechnungsbücher der Kaufleute u. Fabrikanten, Schlußzettel der Mäkler etc. Auch bei Spielkarten, Kalendern u. Zeitungen ist vielfach die Stempelung angewendet worden, um von jedem umlaufenden Exemplar einen Aufschlag zu Gunsten der Staatskasse erheben zu können.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 757-758.
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