Abdruck

[1] Abdruck. (Zeichnende Künste)

Jedes Werk, das durch Aufdrucken eines weichen Körpers auf einen harten, die in diesem Körper befindliche Form auf eine dauerhafte Art angenommen hat. In den zeichnenden Künsten hat man fürnehmlich zwey Gattungen Werke, die man mit diesem Namen belegt.

Abdrücke von Kupferstichen, und Holzschnitten. Wie die Abdrücke von den Kupferplatten gemacht werden, wird im Artikel Kupferdrucker beschrieben. Hier ist blos von der Beschaffenheit der Abdrücke die Rede. Von derselbigen Kupferplatte können die Abdrücke von verschiedener Güte seyn. Sowol durch das Aufreiben der Farbe auf die Platte, als durch das Pressen derselben, verliehrt sie nach und nach etwas von ihrer Vollkommenheit. Die Stiche werden schwächer, die Platte nutzet sich ab; zuletzt verliehren sich die feinesten Striche und die stärksten werden stumpf. Alsdenn giebt die Platte nur schlechte Abdrücke. Sie können aber auch gleich anfänglich, da die Platte noch in ihrer Vollkommenheit ist, durch unfleißige Besorgung des Druckens schlecht werden.

Die besten Abdrücke müssen unter den ersten hundert oder zweyhundert, die gemacht worden sind, ausgesucht werden. Diese stellen die Arbeit der Kupferstecher in ihrer Vollkommenheit dar, und das feineste in den halben Schatten, auch überhaupt in allem, was zur vollkommenen Haltung gehört, ist darinn noch vorhanden. In den folgenden hunderten [1] fängt die Platte an nach und nach schlechter zu werden, die starken Striche werden stumpf und die feinesten zu schwach, oder verliehren sich allmählig. Man kann also an diesen Abdrücken weder die ganze Schönheit eines Kupferstichs erkennen, noch von der Vollkommenheit des Gemäldes, nach welchem er gemacht ist, urtheilen. Je feiner und vollkommener ein Gemäld in Absicht auf die Harmonie der Farben und auf die Haltung ist, je wesentlicher ist es, daß man von dem Kupfer desselben die besten Abdrücke habe. Die Gemälde, deren Werth blos von der Erfindung, Zeichnung und Anordnung herrührt, können auch aus schwächeren oder unvollkommenen Abdrücken noch beurtheilt werden.

Ueberhaupt ist von Abdrücken zu wissen, daß gestochene Platten mehr gute Abdrücke geben, als radirte, weil die Striche in diesen niemals so tief, als in jenen sind. Eine gut gestochene Platte giebt insgemein an tausend leidliche Abdrücke. Eine radirte mehr oder weniger, nachdem sie bearbeitet ist, 500 bis 600.

Die schlechtesten Abdrücke sind diejenige, die von Platten gemacht sind, die schon aufgestochen worden, oder in denen man den verschwächten Strichen wieder durch den Grabstichel nachgeholfen hat. Wer ein wenig Erfahrung in Beurtheilung der Kupferstiche hat, entdecket sehr leicht die Abdrücke die von solchen Platten gemacht worden.

Es würde eine sehr vortheilhafte Sache seyn, wenn man Platten machen könnte, die viel mehr Abdrücke aushielten. Dazu aber ist kein ander Mittel, als ein Metal das fester als Kupfer ist zu nehmen. Es wäre zu versuchen, ob nicht stählerne Platten, oder feine eiserne zu brauchen wären.1

Abdrücke von geschnittenen Steinen und Schaumünzen. Man macht sie insgemein von feinem Siegellack. Dieses geschieht entweder in der Absicht, sie als Kunstwerke, in Mangel der Originalien aufzubehalten, oder zum Behuf der Abgüsse und der Pasten zu verschicken. In beyden Fällen ist sehr nöthig, das feineste Lack zu nehmen, und sie auf Täfelchen von Holz zu machen, weil die Abdrücke auf Papier sich insgemein werfen. Man kann sie auch in Wachs machen; aber diese Materie wirft sich ebenfalls, und da sie sehr bald weich wird, könnte die Wärme den Abdrücken leicht alle Schärfe benehmen. Eine besondere Art von Abdrücken sind die, welche man mit Schnelloth von Schaumünzen macht. Wir wollen das Verfahren kürzlich beschreiben.

Das Schnelloth, oder die Maße zu diesen Abdrücken, besteht aus Bley und Zinn, die zu gleichen Theilen zusammen gemischt sind. Zuerst wird das Bley geschmolzen. Wenn es fließt, so wirft man etwas fett darauf, daß es nicht zu Aschen brenne: hernach wird das Zinn nach und nach beygemischt, die Maße wol umgerührt und alsdenn abgegossen. Ehe man dieses Metall braucht, ist es gut, daß es vorher noch ein paarmal geschmolzen und abgegossen werde, weil es dadurch sanfter wird.

In diese Masse, die flüßig gemacht worden, werden die Schaumünzen, oder die Formen und Abdrücke derselben, wenn sie anfängt zu erkalten, und ihre Flüßigkeit zu verlieren, abgedruckt, oder vielmehr abgeschlagen. Dieses erfodert gewisse Handgriffe und einige Vorsichtigkeit, die wir kürzlich anzeigen wollen.

Man nimmt einen Kasten von Holz, etwa eine Elle lang und breit, in welchem das Abschlagen geschieht, damit das wegspritzende Schnelloth von den Seiten des Kastens aufgehalten werde. Auf den Boden des Kastens leget man ein halbes Buch weiches Papier, auf welchem, als auf einem Bette, das Abschlagen geschieht. Die Schaumünz, welche man abdrucken will, oder eine harte Form derselben, wird mit feinem Ton, oder einer andern Materie auf ein Stück Holz, das man von oben bequem anfassen kann, fest gemacht, oder allenfals halb in das Holz eingelassen und daran befestiget.

Nun nimmt man ein kleines Stück starkes geleimtes Papier, beuget es an dem Rand etwas in die Höhe, als ein kleines Schächtelchen, in welchem die abzuschlagende Münze liegen könnte. Dieses leget man auf das, an dem Boden des Kastens liegende, Papier, gießt es voll von dem geschmolzenen Schnelloth, von welchem man mit einem weichen Cartenblatt die sich oben setzende Haut sanfte abstreift.

Wenn man merkt, daß das Schnelloth anfängt zu erkalten, und seine Flüßigkeit zu verlieren, so schlägt man die abzudruckende Schaumünze senkrecht und so stark, als man kann, darauf; so drückt sie sich sauber in das Loth ab. Bey dem Aufschlagen spritzt ein Theil des Metalls herum: man muß deßhalb entweder das Gesicht wegkehren, oder eine [2] Maske, mit Gläsern vor den Augen, vor sich nehmen, auch die Hand mit einem Handschuh versehen, und überhaupt sich so rüsten, daß man von dem herumspritzenden heissen Metall keinen Schaden leide. Dieses Verfahren ist uns von Herrn Lippert in Dreßden mitgetheilt worden.

Abdrücke geschnittener Steine in Glas, werden Pasten genennt, und an ihrem Orte beschrieben; von den Abdrücken derselben in eine weisse tonartige Materie ist in dem Artikel Abgüsse das mehrere nachzusehen.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 1-3.
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