Habicht

1. Aus Habichten1 kann man keine Tauben ziehen.

1) Das t ist erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts ungehörig hinzugetreten; noch im 16. Jahrhundert schrieb man Habich. Mittelhochdeutsch: habech; althochdeutsch: hábach. (Vgl. Weigand, Wb., I, 467.)

Holl.: Van zulke haviken zijn geene duiven te kweeken. (Harrebomée, I, 292.)


2. Den Habicht muss man nicht zum Taubenkönig machen.


3. Der Habicht hat keine Tauben lieber als die allein fliegen.

Dän.: Hegen smiler at den due som skiller sig fra flokken. (Prov. dan., 305.)


4. Der Habicht schiesst auf keine Fliegen.


[244] 5. Der Habichte gibt's viele, die wie Tauben aussehen.


6. Ein Habicht, der nicht fliegt, nie ein'n guten Bissen kriegt.

Die Russen: Wenn auch der Habicht mit offenem Schnabel schläft, es fliegt weder Meise noch Fink hinein. (Altmann VI, 485.)


7. Ein Habicht hält seine Beute fest.

Die Russen: Was der Habicht in den Klauen hat, lässt er nicht fahren. (Altmann VI, 471.)


8. Einem Habicht braucht man das Hühnerrupfen nicht zu lehren.

Auch russisch Altmann V, 132.


9. Einem Habicht kommt jede Schlinge (jeder Strick) verdächtig vor.


10. Einen Habicht muss man nicht mit leerer Hand empfangen.

Dän.: Det er ondt at lokke høgen til sig med tomme hænder. (Prov. dan., 305.)


11. Jeder hat seinen Habicht. (Wend. Lausitz.)


12. Wenn der Habicht fliegt aus, lässt er den Schnabel nicht zu Haus.


13. Wenn man den Habicht nicht fangen kann, muss man ihn Adler rufen.

Mit Schmeichelei lässt sich fast jeder fangen. Aehnlich sagt man in Abyssinien: Wenn du das Feldhuhn nicht anders fangen kannst, so rufe es Strauss. (Altmann II.)


14. Wenn man die jungen Habichte noch so gut pflegt, wenn sie flügge werden, sehnen sie sich in den Wald.Altmann V, 102.


15. Wer den Habicht hegt, ist kein Freund der Tauben.

Auch russisch Altmann VI, 388.


16. Wer den Habicht mit Hühnern füttert, nimmt gern die des Nachbars.


17. Wo die Habichte ihre Nester bauen, ist's um die Kleinvögel geschehen.


18. Wo Habichte nisten, da ist nicht gut tauben1Briefe August's.

1) D.h. Tauben halten.


19. Wo Habichte wohnen, schlagen keine Nachtigallen.Sprichwörtergarten, 319.


20. Wo man den Habicht über die Hühner setzt, da ist ihr Tod gewiss.Eiselein, 268; Simrock, 4187.


*21. Da sitt en Hâfk upt Hek.Schütze, II, 80.

Man nehme sich in Acht, da ist ein Aufpasser.


*22. Den Habicht anrennen.

Sich der höchsten Gefahr aussetzen. »Die haten den habich angerant.« (Konrad, Rolandslied in Schilter, Thesaurus Antiquitatum Teutonicorum, II, 105b.)


*23. Den Habicht zum Taubenwächter machen.

Die Russen: Den Habicht nach den Hühnern fragen.


*24. Er ist gegen einen, wie der Habicht gegen die Tauben.Baumgarten, 91.

Holl.: Hij zit als een havik op den tuin. (Harrebomée, I, 292a.)


*25. Er will einem Habicht im Fluge die Nägel abschneiden.


*26. Wie der Habicht über der Vogelscheuche. Burckhardt, 154.

Wie er nämlich um dieselbe herumfliegt. Zur Bezeichnung von Personen, die sich gern in fremde Sachen mischen und keinen Augenblick ruhig bleiben können.


[245]

27. Er ist drauf, wie der Habel (Habicht) auf die Taube. (Rott-Thal.)


28. Wo man nicht Habich oder Sperber hat, da muss man mit Eulen bayssen.

»So ist ein gemeines Sprichwort.« (Birlinger, Alemannia, III, 294.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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