Süss

1. Einer mag's süss, der ander sawr, so werden alle gemüse passen.Petri, II, 181; Henisch, 1489, 14.


2. Es ist nichts so süss, es ist etwas Bitteres dabei.

Holl.: Binnen schijn van zoetheid vindt men dikwijls gal. (Harrebomée, II, 247b.)

Lat.: Ubicunque dulce est, ibi et acidum invenies. (Binder II, 3384.)


3. Nicht alles, was süss, ist Honig.

Lat.: Pessima sub dulci vipera melle latet. (Chaos, 1090.)


4. Nicht wie süss, sondern wie gut.

Holl.: Niet hoe zoet, maar hoe goed. (Harrebomée, II, 504b.)


5. Nu noch ês un denn nich miehr, un sull 't ôk dull noah söt schmecken, söä de Jong, un leckte 't Letzte ut'n Seropspott.Schlingmann, 751.


[980] 6. Sei nicht so süss, dass man dich verschlucke, und nicht so bitter, dass man dich ausspeie. (S. Honig 98 u. 99.) – Masson, 297.

Die Ruthenen: Nicht zu süss, sonst leckt man dich aus; nicht zu bitter, sonst spuckt man dich aus. Die Litauer: Sei weder süss noch bitter, denn den Süssen verschlingt man und den Bittern spuckt man aus.

Böhm.: Nebývej ani sladký, sicet' smlsají tĕ sladkého, a proklejí hořkého. (Čelakovsky, 85.)


7. Sööt will sûr nich fordriw'n. (Süderdithmarschen.)

Süss will Sauer nicht vertreiben.


8. Söss en sur an hö nen Tur1 hant jau Schmach bei jedder Sach. (Aachen.) – Firmenich, III, 2322.

1) Ihrer Reihe.

2) Haben guten Geschmack.


9. Süss auf Süss, sagte Schmelze, und küsste seine Frau auf der Zuckerkiste.


10. Süss auf Süss schmeckt doppelt gut, sagte der Pfaffe, und küsste die Köchin auf einem Zuckerhut.

Holl.: Zoet op zoet, zei Joris, en hij zoende zijne vrouw op eene suikerkist. (Harrebomée, II, 397a.)


11. Süss getruncken, saur bezahlt.Franck, II, 23a; Gaal, 1488; Simrock, 10047; Körte, 5812; Rabener, Satiren, IV; Braun, I, 4362.

Lat.: Nocet dolore empta voluptas. (Gaal, 1488.)

Schwed.: Sött är fulle dricka, men suurt at betala. (Törning, 139.)

Ung.: Az édes italnak keserü az ára. (Gaal, 1488.)


12. Süss im Mund, falsch im (Herzens-)Grund.

Schwed.: Söter i munnen, falsker i grunden. (Grubb, 789.)


13. Süss im Mund ist nicht immer dem Magen gesund.

Dän.: Sødt for munden suurt for maven. (Prov. dan., 522.)

Frz.: Tout ce qui est doux à la bouche n'est pas pour cela bon à estomac. (Cahier, 580.)


14. Süss macht mehr als Spiess.Parömiakon, 1525.


15. Süss ohne Reu' wird alle Tage neu.Simrock, 10044.


16. Süss vnd sawr kommen nicht auss einem Brunn.Petri, II, 544.

Holl.: Zoet en zuur krenkt de natuur. (Harrebomée, II, 513b.)


17. Süss wird offt sawer.Gruter, III, 84; Lehmann, II, 580, 122.


18. Vorn süss, hinten Spiess.Parömiakon, 3063.


19. Was süss ist, kommt oft sauer an.Körte, 6495; Simrock, 10045.

Lat.: Mel nulli sine felle datur. (Seybold, 302; Sutor, 302; Binder I, 970; II, 1826; Philippi, I, 545.)


20. Was süss ist, muss oft sauer errungen werden.


21. Wat soite is vor der Mund, dat is nich jümmer vor den Slund.Schambach, II, 439.

Eine Speise, die gut schmeckt, ist nicht immer für den Magen gut; sie kann sogar der Gesundheit sehr schädlich sein.


22. Wer zu süss ist, an dem lecken alle.

Böhm.: Nebud' příliš sladký, at' si kdo na tobĕ neposladká. (Čelakovsky, 85.)

Krain.: Ne bodi presladak, de se kdo s teboj ne posladká. (Čelakovsky, 85.)


23. Zu viel Süss ist für den Magen schlecht (schädlich) Gemüs'.Dove, 980.

Holl.: Al te zoet is niet goed. (Harrebomée, II, 504b.)

24. Zu viel süss wird endlich sauer.

Holl.: Het zoet wordt zuur door langen duur. (Harrebomée, II, 513b.)


*25. Er ist so süss, als wenn er in einem Syrupfass gesteckt hätte.

Holl.: Hij heeft in de krenteton gezeten. (Harrebomée, I, 449b.)


*26. Er ist so süss, als wenn er mit Rosinen gestopft wäre.

Holl.: Hij is zoo zoet, of hij met krenten gestoofd was. (Harrebomée, I, 449b.)


*27. Er ist so süss wie der Krauttopf der Prophetenkinder.


*28. Er ist süss und sauer, wie man will.

Die Russen: Seiner Mutter und Tochter zugleich beiwohnen. (Altmann VI, 514.)


*29. Es klingt weder süss noch bitter.Marlitt, Goldelse.


*30. Sie müssen süss und sauer miteinander theilen.

Holl.: Zij moeten zoet en zuur met malkander deelen. (Harrebomée, II, 205a.)


[981] *31. So saüte as de Rand vom Pannekauken. (Westf.)

Holl.: Hij is zoo zoet als koek. (Harrebomée, I, 427b.)


*32. So säute as en Nüetken (Nüsschen). (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 162, 130.


*33. So säute as 'ne Nuetekèirne.Frommann, V, 144, 130.


*34. So säute as Swêinefaüte.Frommann, V, 162, 130.


*35. So säute asse Huànich (Honig).Frommann, V, 162, 130.


*36. So söte as Lîkks.Eichwald, 1187.


*37. So süss wie ein leipziger Wetzstein.Deutsche Romanzeitung, III, 43, 472; Eiselein, 20.

Eine Art Rosinenbackwerk.


*38. So süss wie Honig (Zucker).

Jüdisch-deutsch in Warschau: Zückersüss oder Musseh Mi-Dwasch = süsser als Honig.

Holl.: Hij is zoo zoet als suiker. (Harrebomée, II, 320b.)


*39. Süss sehen wie ein Essigkrug.


*40. Süss und säuerlich wie der heilige Ehestand (Wien.)

Holl.: Zoet en zuur is hewelijks staat. (Harrebomée, II, 505a.)


*41. Süss wie ein Nusskern.

In Schlesien: Sisse wie a Nissel. Eine breslauer Kräuterin sagt zu einer Bürgersfrau: »Kauft itzt og mir oa, ich hoa Karniaul, dar schmeckt wie a Marcipoan; ich hoa Pitersilge, die is sisse wie a Nissel und schmeckt wie a Mândelkern; ich hoa Rattige, die sên kaulpachschwarz.« (Keller, 171a.)


*42. Süss wie Marzipan.

Nach alten Chroniken und Sagen soll 1407, nach andern 1480, in Sachsen ein so kalter Sommer gewesen sein, dass alle Früchte verdarben und eine so grosse Hungersnoth eintrat, dass die Menschen gezwungen waren, Heu und Gras zu essen, da ein Bissen Brot von der Grösse einer welschen Nuss 3 Pfennige gekostet haben soll. Später buck man zur Erinnerung an diese schwere Zeit alljährlich am Markustage ähnliche kleine Brötchen und nannte sie Markusbrötchen (Marcipanes), daher dann Marcipan, jetzt ein beliebtes Zuckerwerk, worauf sich die Vergleichung der obigen Redensart bezieht. (Vgl. Wurzbach, III, 126.)


*43. Süsse wie ein glimmender Honig. (Schles.)


[Zusätze und Ergänzungen]

44. Nu ward 't awer slimm mit 't söd smecken, sä Fritz Haak, as he 't dritte halwe Pfund Sirop utlickt harr.Plattdütscher Husfründ, II, Nr. 11.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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