Ungarn

1. Ausser Ungarn ist kein Leben.

So sagt der Ungar; er gedenkt seines Vaterlandes immer mit dem Beiwort: süss; auch nennt er es wol seine durch Blut erworbene Heimat. (Vgl. Hungaria in parabolis u.s.w.) Wir Deutschen dagegen sagen: Es ist nicht weit her. (Allgem. Anzeiger der Deutschen, 1837, Nr. 7.) Das Sprichwort geht aber über die berechtigte Vaterlandsliebe hinaus und offenbart den Standpunkt einer beschränkten Anschauung, wie sie jener Ungar zeigte, der in der Buchhandlung einen Globus von Ungarn verlangte, oder neulich die ungarische Delegation, welche erklärte, dass der Durchgang der Venus keine gemeinsame Angelegenheit sei. (Vgl. Schles. Zeitung, 1871, Nr. 49.)

Lat.: Extra hungariam non est vita, si est vita, non est ita.


2. So viel in Ungarn Bärt' und Husaren, so viel in Augsburg Kaufmannswaaren, so viel in Wien man isst an Schnecken, so viel im Schwarzwald Prügel und Recken, so viel in Würtemberg Fässer und Wein: so vielmal gesegnet die Frau soll sein.

Es ist Marie Antoinette, die unglückliche Gemahlin Ludwig's XVI. von Frankreich gemeint. Als sie eben mit dem Kronprinzen von Frankreich, später Ludwig XVI., vermählt, 1770 ihren Brautzug nach Frankreich hielt, wurde sie überall festlich empfangen. Am 1. Mai übernachtete sie in dem schwäbischen Kloster Ober-Marchthal, wo ihr zu Ehren ein von dem damals berühmten schwäbischen Kanzelredner verfasstes Festspiel aufgeführt wurde, in welchem der obige Spruch vorkommt. (Vgl. Morgenblatt, Stuttgart 1857, S. 713.)


3. Ungarn ist der Kirchhof der Deutschen.Simrock, 10640a.

»Ungarn nennt man des deutschen Reichs Kirchhof.« (Hesekiel, 59.)


4. Vngern, Juda, Jesuiter bringen den Kaiser um die Güter.

Der deutsche Kaiser wurde einst von den Jesuiten um ein Gut angesprochen. Er verwies sie auf den Fürsten Lobkowitz. »Wie schreibt, ihr Herren«, sagte dieser zu den Abgeordneten, »sieben mit drei Ziffern!« »Je nun«, antworteten sie, »man setzt 4, 2, 1 und addirt.« »Nun«, sagte der Fürst; »also VII! Könnt ihr diese Ziffer deuten? « – »Nein.« – »Seht«, fuhr der Fürst fort, »Vngern, Iuda, Iesuiter u.s.w.« (Witzfunken, IVa, 186.)


*5. Er ist nach Hungarn gezogen.Sutor, 630.

Wortspiel zwischen Hungern und Ungarn, um zu sagen, er leidet Noth. (S. Aufgehen 7, Ausdreschen 2, Fertig 5, Strasburg 7.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867, Sp. 1430.
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