Vogt

1. Bis du nig mêr Vagd, so drêg die de Düvel, sagte der Bauer. (Holst.) – Schütze, IV, 295.

Um das Sprichwort zu erklären, muss man folgende holsteinische Anekdote wissen. Ein Vogt und Bauernschinder bat auf dem Wege, den ein zusammengelaufener Regenwasserfluss schied, einen bestiefelten Bauer, ihn durch den Fluss zu tragen. Der Bauer lud ihn auf den Rücken. Mitten im Flusse erzählte der Vogt seinem Träger, dass ihn der Gutsherr verabschiedet und seines Dienstes entlassen habe. Da sagte der Bauer, den er oft geschunden, und der nun keine Verbindlichkeit, aber Rache für ihn hatte, das obige zum Sprichwort gewordene Wort, und warf ihn ins Wasser.


2. Bist du mîn Vuget nig mär, drâg' ek dek ôwer det Water nich mär.Schambach, II, 22.

Mit dem Verlust der Macht hören die Rücksichten [1675] und Dienste seitens der ehemaligen Untergebenen auf. Das Sprichwort, das seine Erklärung in einer Anekdote findet (s.d.), charaktersirt die Amtsführung der Vögte, die im Gedächtniss des Volks kein gutes Andenken hinterlassen haben. (S. Gott 892.)

3. Der Vogt ist ein Knecht um seinen Lohn. Graf, 517, 247.

Wer ein mit Besoldung oder Nutzungen verbundenes Amt hat, ist auch verpflichtet, die entsprechenden Dienste dafür zu leisten.

Mhd.: Der fogt ist eyn knecht vme synen lon. (Senckenberg, II, 117.)


4. Der Vogt ist ein Knecht und kein Herr.Graf, 517, 247.

Durch den Lohn oder die Besoldung macht sich der Beamte zum Diener dessen, von dem er dieselbe empfängt. Wer das Lohn gibt, ist der Herr.

Mhd.: Der voit ist ein knecht und kein herr. (Senckenberg, II, 115.)


5. Der Vogt1 muss zweier Männer2 Wort hören.Graf, 433, 273.

1) Der Richter (s.d. 54 u. 95).

2) Des Klägers wie des Beklagten. – In Bremen: De Voghet scal horen twi germanne word. (Oelrichs, 320.)


6. Die Vögte haben das Geld, die Herren den Beutel.Petri, II, 107.


7. Mache dem Vogt den Sack, mache ihn (voll) wie ein Schweinemagen, er ist doch stets leer.


8. O Vogt, übe nicht Tyrannei, die Herrschaft währt nicht ewig.


9. Wo dem Vogte keine Klage geschieht, da wird ihm keine Busse.Graf, 312, 272.

In dem Sinne: Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter, folglich sind auch keine Gerichtsgebühren zu zahlen. »Swar dem voghede nen clage schut, daraf werd eme nen bote.« (Pufendorf, II, 11.)


*10. Dem darf man auch kein Vogt mehr sitzen. (Saalgau.) – Birlinger, 1071.


*11. Es ward nie kein gut vogt geborn1.Franck, II, 67a.

1) Momber und Pfleger.


*12. Für's ander lass du de Vogt geifere, er geifertet für die ganze G'meind.Sutermeister, 21.


*13. Is dar kên Vogt im Dorpe?Eichwald, 1983.


*14. Lass du nu de Vogt la gaufere.Sutermeister, 21.

Fürs andere lass du den Vogt geifern, er geiferet für die ganz Gemeinde.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 1675-1676.
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