Klage

1. Das kann keine Klage heissen, da kein Richter bei Gericht ist.Graf, 441, 334; Klingen, 28a, 2.

Die Klage konnte rechtswirksam nur am Gerichtsorte und vor dem Richter gestellt werden, nicht in dessen Wohnung oder sonst irgendwo.


2. Die Klage ändert nichts am Vertrage.

Es steht nichts, als was man dareinsetzt. Wer einmal einen Handel, Vertrag eingegangen ist, darf sich nicht darüber beschweren.

Frz.: Il n'y a rien au marché que ce que l'on y met.


3. Erste Klag' hat keine Busse.Graf, 442, 351.

Das Ausbleiben vor Gericht infolge der ersten Vorladung ist mit keinen rechtsnachtheiligen Folgen verbunden. (S. Gerichtstag 2.)

Mhd.: Chain erste clag hat nit puesz. (Grimm, III, 730.)


[1360] 4. Ist die Klage vernachtet, so soltu einen betagen.Klingen, 218a; Graf, 441, 330.

Wenn ein Verbrecher auf frischer That ergriffen wurde, so wurde mit Gericht (s. That) geklagt; das Gericht musste sich unter allen Umständen sofort versammeln. Lag aber auch nur eine Nacht zwischen der That und der Ergreifung des Thäters, so wurde die Sache ganz im gewöhnlichen, auch für bürgerliche Angelegenheiten üblichen Wege behandelt, und erst, wenn eine übliche Gerichtssitzung stattfand.


5. Klagen füllen keinen Magen.Körte, 3414; Simrock, 5703; Braun, I, 1863.

Böhm.: Zármutkem pole neoseješ, a slzami nepřítele rozesmĕješ.

Isl.: Det hielper saa lidet at kvide. – Sorg betaler ingen gield. (Prov. dan., 363.)


6. Klagen sind Wehr und Waffen der Kläger. Graf, 442, 338; Hertius, 5.


7. Man gibt keine Klage auf Andermanns Gut. Graf, 94, 169.

Isl.: Engi skal gefa sank à annars fé. (Galath, 586.)


8. Man muss ohne Klagen, was uns trifft, ertragen.

»Ueber keinen Vorfall sollte man in grossen Jubel oder grosses Wehklagen ausbrechen; theils wegen der Veränderlichkeit aller Dinge, die ihn jeden Augenblick umgestalten kann, theils wegen der Trüglichkeit unser über das uns Gedeihliche oder Nachtheilige, infolge welcher fast jeder einmal gewehklagt hat über das, was nachher sich als sein wahres Bestes auswies, oder gejubelt über das, was die Quelle seiner grössten Leiden geworden ist.« (Schopenhauer, Parerga, I, 444.)

Lat.: Infortunium tuum celato, ne voluptate officias inimicos tuos. (Philippi, I, 196.)


9. Nach Klag' und Antwort soll man richten.Eiselein, 319.


10. Wer die erste Klage bezeugen kann, gewinnt dem andern den Kampf an.Graf, 467, 562.

Wer bei Friedensbrüchen (Verletzungen des Strafrechts) die erste Klage stellt, zwingt den Gegner, behufs der Entscheidung durch Gottesurtheil, den gerichtlichen Zweikampf anzunehmen.

Mhd.: Welcher dy ersten clage beczeugen magk der gewinnt dem andernn den kampf an. (Thüngen, 53.)


11. Wo Klag ist, da muss antwort seyn.Petri, II, 807.

»Auff en klag ghört ein antwort, die bede theil man billig hort.« (Ayrer, IV, 2555, 6.)


12. Deinem Klagen setz' ein Ziel, denn Lamentiren hilft nicht viel.Devisenbuch, 83.


13. Klagen bezahlen keine Schulden.

Holl.: Met klagen en steunen betaalt men zijne schulden niet. (Harrebomée, II, 263b.)


14. Von den meisten Klagen liegt die Quell' im Magen.Devisenbuch, 23.


*15. A klug zü deine Juhr. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Eine Klage zu deinem Jahre, ein Fluch, der aber ein gewisses Beileid ausdrückt.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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