Zál

[494] Zál (s. Zagel).


*1. Ach, du armer Zoale. (Schles.)

Rufen Frauen aus beim Anblick eines kleinen, sehwächlichen Kindes. Auch Ausdruck des Mitleidens und Erbarmens frierender Bettelkinder.


*2. Doa is au kei Zoale zu fing'n. (Schles.)

Von einem Felde, wo nichts, oder sehr wenig gewachsen ist, eine Redensart, die man dann überhaupt auf einen Ort übertragen hat, wo man vergeblich etwas sucht.


*3. Reine Zoalen. (Schles.)

Klagen der Landleute, wenn ihnen die Kälber zu schwach erscheinen. Ich benutze diesen Anlass zu einer Ergänzung oder Berichtigung der Bemerkung unter Rübezahl. Für Zahl dürfte, kaum ein anderer Grund sprechen, als eine der vielen Sagen, nach welcher der Berggeist die Aufgabe erhalten hat, die Rüben eines Saatfeldes zu zählen. Dass die Schlesier das Wort Zahl nicht in der mundartlichen Bedeutung von Schwanz gebrauchen, wie in Nr. 37 des Auslandes 1874 behauptet wird, ist unbegründet. Auch hat ein geborener Schlesier dagegen in einer spätern Nummer Widerspruch erhoben, indem er sagt, dass das Wort »Zahl« für Zagel (Schwanz) unter den Landbewohnern Schlesiens noch jetzt gebräuchlich ist. Ich kann dies aus meiner Erfahrung ausser den dort genannten Kreisen (Breslau, Trebnitz, Militsch, Oels, Ohlau) für eine grosse Anzahl anderer, ich möchte sagen, für ganz Niederschlesien bestätigen. Nur wird das a nicht so rein wie im hochdeutschen »Zahl«, sondern in andere Laute übergehend gesprochen. Den im Weizen als Unkraut vorkommenden Katzenzagel habe ich Kotzazoil, -zoal, -zoarl u.s.w. aussprechen hören. Das Wort kommt auch in einer Anzahl von Redensarten, wie die obigen, welche dem erwähnten Artikel im Ausland entlehnt sind, vor. Der Verfasser fügt dann noch Folgendes bei: »Den Hunden verschneidet man in der frühesten Jugend Ohren und Zoale, ebenso den Lämmern. Auch im obscönen Sinne wird das Wort häufig gebraucht.« Dabei wage ich die Vermuthung auszusprechen, dass die Benennung des Berggeistes mit dem NamenRübezahl‹ nur das Verächtliche ausdrücken soll, welches der schlesische Landmann in den Ausdruck »zoal« legt. Ich habe überhaupt die Bemerkung gemacht, dass der Schlesier mit veralteten oder aus der slawischen Zeit zurückgebliebenen Worten gern die Unbrauchbarkeit, Hässlichkeit eines Gegenstandes verbindet. So benennt man eine alte, dem Verfall entgegengehende Hütte mit dem Ausdruck »Kaluppe« von dem polnischen chalupa; ein altes abgenutztes Messer heisst Nûsche von dem polnischen nóz (Messer). Ein Frauenzimmer, das seine Haare nicht gern mit dem Kamm in Berührung bringt, heisst eine Kuddel von kudep (Zotten), und macht eine solche Person noch den Eindruck der Unreinlichkeit, dann heisst sie Klempe, Schlempe, von klępa. Mädchen, die etwas zerstreut sind und gern, wenn auch nur im Geiste, spazieren gehen, ruft man in die rauhe Wirklichkeit zurück mit den Worten: »Na, du Gape und Gake (von gapu = Krähe), was stehst du da?«


*4. 'S sên och Zoalen.

Klagt man, wenn auf einem Acker die Rüben misrathen. Bei der Ernte schneidet man die Zoalen von den Rüben ab, d.h. die Wurzeln von den Knollen.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 494.
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