Friedrich Wilhelm, Freiherr von Kyau

[346] Friedrich Wilhelm, Freiherr von Kyau erregte durch seine unerschöpfliche Laune zu seiner Zeit sehr viel Aufmerksamkeit, und hat sich durch seine witzigen Einfälle noch immer in lebhaftem Andenken erhalten. Er war i. J. 1654 zu Oberstrohwalde geboren, diente von seinem siebzehnten Jahre an unter der Brandenburgschen Armee als Gemeiner, avancirte erst nach 10 Jahren zu dem Posten eines Unteroffiziers und Fähndrichs, und wurde schon damahls als ein aufgeweckter Kopf bekannt; allein eine verunglückte Posse zog ihm Arrest in Spandau zu. Als er auf Vorbitten der Churfürstin von Brandenburg losgelassen worden war, nöthigte ihn ein Duell, nach Sachsen zu fliehen und Kriegsdienste anzunehmen. Seine frohe und satyrische Laune machte ihn bald am Hofe des Königs von Pohlen und Churfürsten zu Sachsen, Augusts II. beliebt: er stieg bald bis zum Posten eines Generaladjutanten des Königs, und mußte daher beständig bei demselben sein; endlich erhielt er auf sein Bitten die Stelle eines Generallientenants und Commandanten zu Königstein, die er auch bis an seinen Tod, 1733, verwaltete. Sein Charakter war im Ganzen sehr gut; er haßte alle Schmeichelei, und rügte begangene Fehler mit der größten Freimüthigkeit. Ohne den Namen eines Lustigmachers zu führen, diente er dem ganzen Hofe zur Belustigung, und behauptete dessen ungeachtet gewöhnlich seine Würde, da er weniger sich als Andere zum Gegenstand des Gelächters machte. Wenn er auch bisweilen kindische oder unanständige Scherze trieb, so war dieß theils Fehler seines Zeitalters, theils erreichte er dadurch oft am sichersten seinen Zweck, sich gegen den Muthwillen Anderer zu schützen; und Niemand fühlte seine Geißel mehr, als die Höflinge, die auf ihren Adel stolz waren. Noch in den [346] neuesten Zeiten hat man diesen Mann einer besondern Aufmerksamkeit werth gehalten, und zwei verschiedene Lebensbeschreibungen desselben geliefert, deren erstere (Kyauʼs Leben, Anekdoten und Charakterzüge, mit Hinsicht auf unser jetziges Zeitalter) zu Freistadt 1796, die andere, von Wilhelmi, zu Leipzig 1797 erschienen ist.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 346-347.
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