Alrunen

[60] Alrŭnen oder Alraunen wurden bei den alten Deutschen eine Art Priesterinnen genannt, die deshalb, weil sie aus dem Blute der Gefangenen, denen sie die Kehle abschnitten, weissagten, in großem Ansehn standen. Sie gingen barfuß, mit gelösten, lang herabhängenden Haaren und waren mit einem weißen Gewande bekleidet. – Alräunchen nennt ein noch immer nicht ganz erloschener Aberglaube kleine menschenähnliche Figuren, die aus der rübenförmigen Alraunwurzel geschnitten sind und, weil man sonst vorgab, daß sie nur unter dem Galgen wüchsen, auch Galgen- oder Erdmännchen genannt werden. Man betrachtete sie als Schutzgötter, verwahrte sie sorgfältig an einem verborgenen Orte des Hauses, setzte ihnen Speise vor und glaubte durch sie reich, fruchtbar, gesund und glücklich werden zu können. In diesem Glauben kaufte man sie oftmals zu ungeheuern Preisen von Abdeckern, Schatzgräbern und Marktschreiern, welche viel von den Gefahren zu erzählen wußten, die den bedrohten, der ein Alräunchen der Erde zu entreißen wage.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 60.
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