Augustinus

[150] Augustīnus, einer der berühmtesten alten Kirchenlehrer, dessen Ansehn sich noch gegenwärtig in den Lehrmeinungen mancher kirchlichen Parteien, selbst in der protestantischen Kirche erhalten hat, da Luther, ein Augustinermönch, sich ganz in seines Meisters Lehrbegriff hineinstudirt hatte und wenigstens in einigen Punkten fest darin beharrte, war im I. 354 zu Tegaste in Numidien geboren. Sein Vater, ein Heide, wurde durch seine Frau ein Christ und sie hat auch auf den Sohn den wichtigsten Einfluß gehabt. A. hatte einen sehr lebhaften und gewandten Geist, der sich durch Vergleichungen [150] und Vermuthungen auch da, wo sein Wissen nicht ausreichte, zu helfen wußte. Siebzehn Jahr alt, kam er nach Karthago und zeichnete sich schon durch Beredtsamkeit aus, aber zugleich trieb er frevelhaften Muthwillen mit seinen Lehrern und Mitschülern und fing an auszuschweifen. Seine Neugierde führte ihn den Manichäern, einer christlichen Secte, zu, die über den heiligen Geist ihre besondere Meinung hatte. Als aber ein neunjähriger Aufenthalt unter ihnen seinen aufstrebenden Geist nicht befriedigte, gelang es dem Bischof Ambrosius, ihn für die Lehren der rechtgläubigen Kirche empfänglich zu machen. Doch noch immer führte er ein ausschweifendes Leben, bis er, durch das Lesen des Lebens des Einsiedlers Antonius in Ägypten mächtig erschüttert, ein frommer Eiferer für den herrschenden Glauben wurde und sich im 33. Jahre seines Lebens taufen ließ. Seine Lebensänderung schien ihm selbst ein Wunder und er bildete sich ein, Gottes unmittelbare Wirksamkeit dabei wahrgenommen zu haben. Mit Fleiß und Ausdauer fing er an, die heilige Schrift zu studiren, wurde aber, weil ihm die nöthigen Sprachkenntnisse fehlten, zu großen Irrthümern verleitet, die er dann hartnäckig vertheidigte. Am Berühmtesten ist sein Streit über die Erbsünde und die Vorherbestimmung (Prädestination) mit Pelagius, einem gelehrten Mönche aus England, der in Rom ums I. 400 lehrte. A. starb 403. Die Zahl seiner hinterlassenen Schriften ist sehr groß und es enthalten dieselben, ungeachtet des Falschen und Ungereimten, auch viel Lehrreiches. Mündlich und schriftlich verstand er es, das Herz zu erwärmen. Seiner ausgezeichneten Verdienste und der Wunder wegen, die seine Gebeine verrichteten, ward er unter die Heiligen versetzt und ihm zu Ehren feiert die katholische Kirche den 28. Aug.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 150-151.
Lizenz:
Faksimiles:
150 | 151
Kategorien: