Brown

[325] Brown (John), ein als Stifter einer eigenthümlichen und nach ihm Brownianismus genannten Heillehre berühmter Arzt, wurde 1735 in einem Dorfe der schot. Grafschaft Berwick geboren und zeichnete sich schon im zartesten Knabenalter durch ungewöhnliche Anlagen und große Lernbegierde in der Dorfschule aus. Nach dem frühzeitigen Tode seines Vaters verheirathete seine Mutter sich zum zweiten Male mit einem Leinweber, der B. zu seinem Handwerke bestimmen wollte, durch dessen Widerwillen dagegen, noch mehr aber wol durch den Umstand bewogen wurde, der Neigung seines Stiefsohns zu den Wissenschaften gewähren zu lassen, daß er sich als eifriger Anhänger einer von der engl. Kirche abweichenden Sekte der Hoffnung hingab, in ihm eine Stütze seines Glaubens zu erziehen. B. besuchte nun die gelehrte Schule in Dunse, wo er bald der ausgezeichnetste Schüler ward, anfänglich aber seine Mittel durch Feldarbeit während der Ernte zu vermehren suchen mußte, bis er eine Unterlehrerstelle erhielt. Als er hier wegen eines Besuches der engl. Pfarrkirche von seinen unduldsamen Glaubensgenossen zur Verantwortung gezogen wurde, trat er öffentlich zur engl. Kirche über und ging nach Edinburg, um Theologie zu studiren, entschied sich aber bald für die Heilkunst und machte trotz seiner beschränkten Verhältnisse solche Fortschritte, daß er in die gelehrte medicinische Gesellschaft von Edinburg aufgenommen und 1776 und 1780 sogar Präsident derselben wurde. Um dieselbe Zeit machte er durch Schriften und Vorlesungen seine neue Heillehre bekannt, die zehn Jahre später in Deutschland weit mehr Anhänger als in England fand und zur Erregungstheorie umgestaltet wurde. Nach derselben wäre Schwäche die Ursache der meisten, Übermaß von Kräften der Grund sehr weniger Krankheiten und Reiz- und Stärkungsmittel würden demnach die vorzüglichsten Heilmittel sein. Die rücksichtslose Anwendung dieser Lehre, welche gleich anfangs ebenso viel Gegner als Vertheidiger fand, hat viel mehr geschadet als genützt und ihre Anwendung am Krankenbette ist gegenwärtig fast ganz verschollen.

B. hätte bei seiner ausgebreiteten Praxis und dem zahlreichen [325] Besuche seiner Vorlesungen mehr als sein gutes Auskommen haben können, wenn er nicht durch seine Vergnügungssucht und Verschwendung seine Umstände und Gesundheit zerrüttet hätte. Da er sich außerdem durch seine Anmaßung gegen andersdenkende Ärzte viele Feinde gemacht, ging er 1786 nach London, wo er aber bei seiner schlechten Wirthschaft kein Glück machte. Seine Schulden brachten ihn sogar ins Gefängniß und nach wenigen in Saus und Braus verlebten Jahren starb er 1788 an den Folgen eines Schlagflusses, als er kurz vorher noch einen ehrenvollen Ruf nach Berlin erhalten hatte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 325-326.
Lizenz:
Faksimiles:
325 | 326
Kategorien: