Gaumen

[151] Gaumen heißt die obere horizontal gelegene Wand der Mundhöhle, die vorn und an den Seiten durch die Zähne und die zu ihnen gehörigen Zahnfächer der obern Kinnlade, hinten durch den sogenannten Gaumenvorhang, das Gaumensegel, begrenzt wird, eine am hintern Ende der Mundhöhle perpendiculär herabhängende, häutige, bewegliche Scheidewand, welche den Eingang in die Rachenhöhle zum Theil verschließt. Diese obere horizontale Wandung der Mundhöhle wird durch die Vereinigung der Gaumen-und Oberkieferknochen der einen Seite mit denen der entgegengesetzten gebildet, und weil sie sonach hauptsächlich aus Knochenmasse besteht, zur Unterscheidung von ihrem häutigen Anhange, dem Gaumensegel oder weichen Gaumen, zuweilen auch harter Gaumen genannt. Dieser harte Gaumen nun ist völlig unbeweglich und von der Schleimhaut, welche die ganze Mundhöhle auskleidet, hier jedoch von anderer Beschaffenheit, mehr faserig und lichter gefärbt ist, überzogen. Er hat einigen Antheil am Geschmack und wesentlichen Einfluß auf die Bildung einzelner Buchstaben und Wörter, sowie er wol auch bei allen aus dem Munde kommenden Tönen überhaupt als Resonanzboden dient. Zuweilen kommt in Folge eines Fehlers der ersten Bildung die Vereinigung der Knochen des harten Gaumens nur zum Theil oder gar nicht zu Stande, und es findet dann die meistens gleichzeitig mit der Hafenscharte (s.d.) vorkommende, unter dem Namen des Wolfsrachens bekannte Misbildung statt, bei welcher die Mund- und Nasenhöhle unmittelbar ineinander übergehen. Auch entstehen zuweilen in Folge von Schuß-und andern Wunden, sowie durch Geschwüre, welche die Knochenmasse angreifen und zerstören (namentlich syphilitische), widernatürliche Öffnungen in dem Gaumengewölbe. Daß eine solche widernatürliche Öffnung mit wesentlichen [151] Unbequemlichkeiten und Nachtheilen verbunden sein müsse, versteht sich von selbst. Weil nämlich ein großer Theil der von den Lungen ausgetriebenen Luft durch die Lücke im Gaumengewölbe hervortritt, können Personen, die an dem erwähnten Gebrechen leiden, keine klaren und gut verständlichen Töne hervorbringen, und überdies wird sich ein Theil der Nahrungsmittel durch diese Öffnung einen Weg in die Nasenhöhle bahnen. Um diesen Übelständen abzuhelfen, bringt man einen künstlichen Gaumen an, der gewöhnlich aus einer großen, zur Verschließung der in dem Gaumen befindlichen Öffnung bestimmten Platte von Platina, Gold oder Silber besteht, die mit Hülfe eines sinnreichen Mechanismus festgehalten wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 151-152.
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