Geständniss

[211] Geständniss, im juristischen Sinne das Eingestehen einer streitigen Thatsache. Die Bedingungen, unter welchen ein Geständniß rechtliche Wirkungen nach sich zieht, sind so wie diese selbst verschieden, je nachdem ein Geständniß in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Mein und Dein (in Civilprocessen) oder im Criminalprocesse, d.h. in einer Untersuchung, ob und wiefern eine Handlung den bestehenden Strafgesetzen eines Staats zuwiderläuft, gegeben worden ist. Im Civilprocesse ist das Geständniß das Zugeständniß Dessen, oder auch nur eines Theiles von Dem, was der Gegner fodert. Wer eine an sich rechtsgültige Foderung zugesteht, wird zu deren Leistung verurtheilt. Hierzu ist jedoch erfoderlich, daß das Geständniß dem in der Sache entscheidenden Richter vollkommene juridische Gewißheit gebe. Dies ist der Fall, wenn es vor dem competenten Richter von Einem, der die Wahrheit wußte, mit dem Willen sie zu lagen abgelegt worden ist. Ein außergerichtliches Geständniß bedarf zu seiner vollen Gültigkeit noch der Bestätigung vor Gericht, oder im Leugnungsfalle der Bestätigung durch gerichtlich abzuhörende gültige Zeugen, der eidlichen Bestärkung des Gegners u.s.w. Im Criminalprocesse ist Geständniß die Erklärung einer wegen eines Verbrechens zur Untersuchung gezogenen Person, daß sie das ihr Schuld gegebene Verbrechen ganz oder theilweise wirklich begangen habe. Auch ein solches Geständniß muß, soll es Gewißheit geben, frei und unumwunden vor Gericht und in der Absicht, die Wahrheit zu sagen, ausgesprochen werden; es darf also mit keinem bereits auf anderm Wege als wahr erforschten Umstande, auch wenn dieser nur eine Nebensache beträfe, im Widerspruche stehen. Bei alledem reicht das Geständniß allein noch keineswegs zur Verurtheilung und Bestrafung des Gestehenden hin. Hierzu ist unbedingt nöthig, daß das Verbrechen selbst durch andere Beweise als die Aussagen des Angeschuldigten in die erfoderliche rechtliche Gewißheit gesetzt (der objective Thatbestand constatirt) worden sei. Nur wenn hiermit die Aussagen des Angeschuldigten im Einklange stehen und wenn sich aus denselben zugleich mit Gewißheit ergibt, daß er das ihm Schuld gegebene Verbrechen wirklich hat begehen wollen und es mit dem Bewußtsein, dadurch den Strafgesetzen zuwiderzuhandeln, begangen hat, darf den Angeschuldigten die volle Strafe treffen, welche in dem von ihm verletzten Gesetze ausgesprochen ist. Indessen pflegt man es bei kleinern Vergehungen gewöhnlich nicht so genau zu nehmen und ist sogar zuweilen genöthigt, in Folge dringenden Verdachtes zu strafen. Nimmt der Angeschuldigte sein früheres Geständniß in der Folge wieder zurück, so wird der Widerruf desselben nur dann und insoweit beachtet, als er durch wirkliche, d.h. vom Richter bereits als wahr erkannte Thatsachen unterstützt und wahrscheinlich gemacht wird. Ein nicht vollgültiges, z.B. außergerichtliches Geständniß gibt im Criminalprocesse nur einen Verdachtsgrund.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 211.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: