Hameln

[320] Hameln ist eine gegenwärtig ziemlich unbedeutende Stadt an der Hamel und Weser im Fürstenthum Kalenberg in der hanöv. Landdrostei Hanover, mit etwa 5000 Einw., welche von Fischfang, Schiffahrt, Fabrikbetrieb und Ackerbau leben. Bedeutend ist der Lachsfang. In der Nähe ist in der Weser das hameler Loch, eine ehemals mehr als jetzt für die Schiffahrt gefährliche Stelle. Bis 1806 war H. eine nicht unbedeutende Festung; in dem genannten Jahre nahmen aber die Franzosen die Stadt in Besitz und zerstörten nachher die Festungswerke gänzlich. H. soll im 8. Jahrh. von einem Grafen von Engern erbaut worden sein. Anfangs gehörte es dem Abte von Fulda und 1259 kam es durch Kauf an den Bischof von Minden. Es entstand jedoch eine heftige Fehde, welche endlich H. an Braunschweig brachte. Aus demselben Jahrhundert ist die merkwürdige Sage vom hameler Rattenfänger. Es soll nämlich ein Rattenfänger den Hamelern gegen einen gewissen Lohn versprochen haben, sie von allen Ratten zu befreien. Am 26. Aug. 1284 pfiff er nun eine Weise, davon alle Ratten zusammenliefen und ihm folgten. Er führte sie allesammt in die Weser, kehrte zurück und foderte seinen Lohn. Den verweigerten ihm die Bürger, und um sich zu rächen, kam nun am nächsten Sonntag, indeß die Bürger und ihre Frauen in der Kirche waren, der Pfeifer und blies eine andere Weise. Sogleich kamen alle Kinder aus den Häusern und liefen ihm nach, wie vorher die Ratten. Er aber ging mit ihnen dem nahegelegenen Kuppelberg zu, der that sich auf und der Pfeifer sammt den Kindern spazirte hinein. Als sich der Berg wieder schloß, blieb nur ein einziges Kind, das sich verspätet hatte, draußen und erzählte den Hamelern, wo ihre Kinder hingekommen wären. Der Rattenfänger aber, heißt es, kam mit den Kindern in Siebenbürgen zum Vorschein und bildete eine Colonie. Den historischen Grund der Sage hat man nicht erkunden können, aber gewiß ist, daß sich Deutsche in Siebenbürgen angesiedelt haben. (S. Siebenbürgen.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 320.
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