Hugo

[419] Hugo (Victor Marie, gewöhnlich nur Victor Hugo genannt), ein franz. Dichter, das Haupt der romantischen Schule (s. Franz. Kunst, Literatur und Wissenschaft), wurde am 26. Febr. 1802 zu Besançon geboren. Sein Vater war der General Graf Jean Louis H., der sich besonders in Spanien hervorthat. Die Jugend des Dichters war eine stürmisch bewegte, doch sehr zeitig schon entwickelte sich das poetische Talent desselben. Er schrieb 1817 ein Gedicht, mit dem er sich um den von der Akademie ausgesetzten Preis für das beste poetische Product bewarb, und er soll den Preis nur deshalb nicht erhalten haben, weil die Kunstrichter die Meinung hegten, der Verfasser des Gedichts wolle sie mit seiner Angabe, daß er erst 15 Jahre alt sei, verspotten. Durch seine Mutter war H. eine entschiedene Abneigung gegen die Revolution und gegen Napoleon eingeflößt worden und diese Richtung sprach sich auch in seinen frühern poetischen Leistungen aus. Er erhielt vom König Ludwig XVIII. eine Pension als Belohnung für den Edelmuth, mit welchem er sich eines von den Gerichten verfolgten Jugendfreundes angenommen hatte, und diese Pension setzte ihn in Stand, mit einer Jugendgeliebten sich 1823 ehelich zu verbinden. Mehrmals hatte sich H. schon mit Glück um Preise für Dichtwerke beworben, aber die erste Sammlung seiner Gedichte, welche er 1822 erscheinen ließ, machte doch wenig Aufsehen. Erst nachdem H. seine Gesinnung völlig geändert hatte und nun mit Begeisterung die Ideen aussprach, welche eine zeitgemäße Revolution in der franz. Literatur hervorbrachten, fand er den entschiedensten Beifall. Seine Ode an die Säule auf dem Vendômeplatze machte großes Aufsehen und in seinen spätern Werken bezauberte er die Franzosen ebenso sehr durch seine wahrhaft ausgezeichneten Eigenschaften, wie durch seine nicht minder hervorstechenden Fehler. H. ist in Bezug auf Gewalt der Sprache, Kühnheit der Phantasie, dramatische Wirkung einer der größten dramatischen Dichter, aber seine Neigung das Grausenhafte, ja Abscheuliche herbeizuziehen, um seine Leser und Hörer zu erschüttern, raubt seinen Werken die Würde und Besonnenheit, welcher das wahre Kunstwerk niemals entbehren soll. »Hernani« und »Marie Tudor« sind die ausgezeichnetsten seiner dramatischen Werke und ein nicht minder ausgezeichnetes Werk ist sein Roman »Notre Dame de Paris«, welcher ein Sittengemälde von Paris im Jahre 1482 gibt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 419.
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