Jakobiner

[482] Jakobīner wurde in der franz. Revolution seit 1789 ein Club genannt, welcher sich mit Verhandlungen über Staatsangelegenheiten beschäftigte und auf den Verlauf der Revolution den entschiedensten Einfluß gewann, indem er die Nationalversammlung bestimmte, ausgezeichnete und alle Schranken niederwerfende Mitglieder hatte und endlich durch eine Menge von Töchtergesellschaften Ausdehnung über ganz Frankreich gewann. Durch die abscheulichen Grundsätze, welche in diesem Club offen bekannt wurden: Königsmord und blutige Vertilgung aller Andersmeinenden, sind die Jakobiner ebenso berüchtigt worden, als durch die Scheußlichkeiten, zu denen sie eine Zeit lang Frankreich hinrissen. Die Jakobiner gingen hervor aus berathenden Versammlungen, zu denen sich einige Mitglieder der ersten Nationalversammlung zusammenthaten, um sich untereinander über die Art zu besprechen, nach welcher der noch mächtigen Partei des Hofes und der durch ihren Stand Bevorrechtigten in der Nationalversammlung entgegenzutreten sei. Nachher fanden Mehre zu diesen Versammlungen Zutritt und als die Menge derselben, welche sich bisher »Freunde der Revolution« genannt hatten, zu groß wurde, um in einer Privatwohnung hinreichenden Raum zu finden, nahm man zum Versammlungsorte 1789 die Kirche eines aufgehobenen Jakobinerklosters und diesem verdankten sie dann den Namen der Jakobiner. In den folgenden Jahren bildeten sich nun an allen irgend bedeutenden Plätzen Frankreichs, sogar auf den Dörfern, Jakobinerclubs, welche von dem Club zu Paris geleitet wurden. In diesem selbst kamen zuweilen 2500 Mitglieder zusammen, und in ganz Frankreich zählte man gegen 400,000 Jakobiner. Fast alle Männer, welche in der franz. Revolution eine bedeutende Rolle gespielt haben, gehörten zum Jakobinerclub, und nicht nur durch diese regierte der Club, sondern auch durch blutige Aufstände, welche er zu veranlassen wußte, und durch Lärm in der Nationalversammlung, wenn er fürchtete, daß eine ihm entgegenstehende Meinung sich geltend machen könnte. Das Abzeichen der Jakobiner war eine rothe Mütze, daher Jakobinermütze genannt, und häufig als Symbol [482] republikanischer Freiheit gebraucht. Aus den Jakobinern ging der Club der Cordeliers (s.d.) hervor: welcher jene an Wuth noch zu überbieten suchte. Nachdem Robespierre gestürzt worden, wurde vom Convent den Volksgesellschaften die Einmischung in die Regierung untersagt und 1794 der Saal der Jakobiner geschlossen, auch ihnen fernere Zusammenkünfte untersagt. Zwar wirkten sie im Stillen noch fort und führten blutige Aufruhrscenen herbei, durch welche sie ihr früheres Ansehen wieder zu erlangen suchten; aber vergebens. – Der Jakobinismus, die Gesinnung der Jakobiner, ist indeß nicht erstorben und wird nie erlöschen, weil er in allen Revolutionen wieder auftaucht, in denen Zügellosigkeit und freche Willkür mit Freiheit verwechselt wird, und weil es nie an thörichten oder schlechten Menschen fehlt, welche einen Zustand der Verwirrung zu Verfolgung ihrer Privatzwecke und ihrer Leidenschaften benutzen. Gewiß aber hat man mit Unrecht gemeint, daß eine geheime Gesellschaft von Jakobinern existire, welche bemüht sei, den Jakobinismus über Europa planmäßig zu verbreiten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 482-483.
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