Messen

[120] Messen (Handels-) entstanden im Mittelalter zuerst durch den erhöhten Verkehr, welchen das Zusammenströmen vieler Menschen zu besonders feierlichen Kirchenmessen da und dort mit sich brachte. Es bildeten sich dadurch eine Art Jahrmärkte, wie sie noch an den besuchtesten katholischen Wallfahrtsorten bestehen, und die Zeit, wie die besonders günstige Gelegenheit einer und der andern Stadt, veranlaßte allmälig immer mehr Handelsleute, sich hauptsächlich der Geschäfte wegen und oft aus weiter Ferne dahin zu begeben. Dadurch erhielten diese Zusammenkünfte viel mehr Wichtigkeit als die Jahrmärkte, dauerten länger und wurden vorzugsweise Messen genannt. Bald erkannte man ihren wichtigen Einfluß auf die Belebung von Handel und Verkehr und begünstigte sie durch Ertheilung gewisser Vorrechte, sogenannter Meßfreiheiten, an die Meßplätze oder Orte, wo Messen gehalten werden, und die dahin zur Messe reisenden Handelsleute oder Meßfieranten. Zu diesen Freiheiten gehören der erlaubte Verkauf jeder Waare ohne Rücksicht auf den Zunftzwang des Orts, gewisse Begünstigungen in Schuldensachen, welche nicht von der Messe herrühren, und wenn der Schuldner der Meßfreiheit nicht ausdrücklich sich begeben hat, sowie die allgemeine Berechtigung der Einwohner zur Schenk- und Gastwirthschaft in ihren Häusern während der Meßzeit. Diese dauert gegen drei Wochen und darüber, von denen die mittlere die Meßwoche, die letzte die Zahlwoche heißt, in der an ein oder zwei bestimmten Tagen, Zahltage genannt, alle auf die Messe gestellten Zahlungen geleistet werden müssen, die sich jedoch bei kleinern Messen gleich der ersten oder Vorwoche auf einige Tage beschränkt. In Deutschland sind die wichtigsten Messen: zu Leipzig, wo die unbedeutendere Neujahrsmesse nach dem Weihnachtsfeste, die auch durch den Buchhändel (s.d.) besonders wichtige Ostermesse acht Tage nach Ostern, die Michaelismesse in der Michaeliswoche beginnt; zu Frankfurt am Main um Ostern und im Herbst; in Braunschweig die Lichtmesse und Laurentiimesse; in Frankfurt a. d. Oder die Reminiscere-, Margarethen- und Martinimesse; minder bedeutend sind die Messen zu Breslau, Kassel, Mainz, Offenbach und Botzen. Wichtige Meßplätze des Auslandes sind Alessandria und Sinigaglia in Italien, Beaucaire und Lyon in Frankreich, Zurzach in der Schweiz, Warschau in Polen und Nischnei-Nowgorod in Rußland.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 120.
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