Narr

[239] Narr. Man gibt diesen Namen mit geringschätziger Bedeutung oft Menschen, welche sich durch eitle Thorheit, Ziererei und absichtliches Verstoßen gegen das Gemeinübliche lächerlich machen, während sie sich durch ihre leere Geckenhaftigkeit ein Ansehen zu geben meinen und mit denen daher hin und wieder vorkommende originelle Charaktere nicht verwechselt werden dürfen, die mitunter in Augenblicken geistiger Spannung, jedoch unbewußt, die herkömmlichen Schranken des Benehmens vergessen. Ferner werden Personen Narren genannt, welche sich in kurzweiligen Streichen, Possen, belustigenden, schalkhaften und witzigen Reden und Einfällen eigenthümlich hervorthun, und wie man sie auch unter Schalksnarren und Hofnarren (s.d.) verstand, welche lange Zeit für die besten und aufrichtigsten Freunde ihrer Fürsten galten und diese überall begleiteten. Aus ihrer Zeit gibt es mehre Sprüchworte, welche auf ihr Ansehen und ihren Einfluß schließen lassen, wie z.B.: Narren sind der Fürsten Prediger; Kinder und Narren reden die Wahrheit. Von dem Hofnarrn Klaus am Hofe Kurfürst Friedrich des Weisen von Sachsen ward geschrieben: die Hochweisesten und Verständigsten könnten bei ihm in die Schule geführt werden; auch soll derselbe von den seinen Herrn beerbenden Fürsten in der Theilung für 80,000 Thlr. angeschlagen worden sein. – Der Fastnachtsdienstag ward sonst der an demselben getriebenen Possen wegen der Narrenkirchweih und Narrenfest genannt, ein Narrenfest anderer Art wurde aber besonders in Frankreich und auch in mehren deutschen Ländern am Rheine, vom 5. bis ins 15.–16. Jahrh. von Weihnachten bis zum letzten Sonntage nach Epiphanias begangen, und bestand in possenhafter Nachahmung und fast unglaublicher Verhöhnung der kirchlichen Gebräuche und des Thuns und Treibens der Geistlichen. Es wurde z.B. an den Hauptfesttagen während des nachgeäfften Hochamts der Altar gleichzeitig als Zech- und Spieltisch gebraucht, man warf alte Schuhe in die geweihten Rauchfässer und die Weihwassergefäße enthielten die unsaubersten Flüssigkeiten; dazu wurden Narrenpäpste und Narrenbischöfe gewählt und von niedern Kirchendienern und vom Volke in der Kirche selbst alle irgend denkbaren Ausschweifungen begangen. – Endlich werden aber auch Menschen, deren geistige Fähigkeiten auf irgend eine Art krankhaft beeinträchtigt worden sind, Narren genannt und die Narrheit wird als eine besondere Art von Geisteskrankheiten (s.d.) unterschieden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 239.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: