Probe

[578] Probe ist so viel wie Prüfung der Eigenschaften, der Brauchbarkeit und Ausführbarkeit von Etwas oder Beweisführung davon durch Versuche; probiren heißt daher prüfen oder versuchen. Beide Ausdrücke werden in den mannichfaltigsten Beziehungen angewendet und man gibt oder nimmt z.B. einen Wagen, ein Pferd oder andern Gegenstand auf Probe, um Andere oder sich selbst von den Eigenschaften desselben durch den Gebrauch zu überzeugen; im Handel heißt jedoch Probe auch so viel wie Muster von einer Waare, und man kauft nach Probe, wenn man blos Muster einer Waare sieht und mit dem Beding abschließt, daß die Waare selbst dem Muster entspreche oder probemäßig sei. Beim Theater werden die der öffentlichen Aufführung eines Schauspiels oder einer Oper vorausgehenden Einübungen derselben die Proben genannt; Dasselbe gilt von den der Aufführung großer Musikwerke in Concerten vorhergehenden Vorübungen. Beim Hüttenwesen kommt der Ausdruck Probe in vielen Zusammensetzungen vor, welche andeuten, auf welche Art mit Erzen und Hüttenerzeugnissen Untersuchungen über ihre Bestandtheile und namentlich ihren Metallwerth angestellt werden, und die Probirkunst oder Dokimasie macht einen besondern Abschnitt der analytischen Chemie (s.d.) aus und lehrt natürliche Körper in Bezug auf ihre Zusammensetzung, namentlich Erze, Steine, Salze, Mineralwasser u.s.w. untersuchen und die Mengen der darin enthaltenen Stoffe angeben. Bei goldenen und silbernen Waaren wird das mit einem Stempel eingeschlagene Zeichen ihrer Löthigkeit oder des Feingehalts die Probe genannt und wo es nur auf annähernde Bestimmung des Feingehalts von Gold und Silber ankommt, kann diese mittels Probirstein und Probirnadel erlangt werden. Diese Probirsteine bestehen gewöhnlich aus schwarzem Kieselschiefer oder Basalt, zuweilen auch aus hartgebranntem schwarzen Wedgewood, die Probirnadeln aber bestehen für Silber aus 16 Stiften von ein-, zwei-, drei- bis 16löthigem Silber und ebenso für Gold aus 24 Stiften von ein-, zwei- bis 24karatigem Golde; allein da dieses sowol mit Kupfer als mit Silber legirt wird, hat man auch zweierlei Probirnadeln, nämlich mit Kupfer und mit Silber legirte nöthig. Beim Gebrauche macht man nun mit dem zu probirenden Silber oder Gold einen Strich auf den Probirstein und neben demselben einen oder mehre mit Probirnadeln, welche mit dem zu probirenden Metall die ähnlichste Farbe haben, und der Geübte versteht aus der Farbe der Striche den ungefähren Feingehalt zu beurtheilen. Um sich zu überzeugen, daß im probirten Golde nicht noch andere Metalle vorhanden sind als in den Probirnadeln, werden beide Striche noch mit Scheidewasser benetzt, wo sie dann gleichmäßiger Veränderung unterliegen müssen, wenn die Metallmischung von gleicher Beschaffenheit ist. Genauer wird der Feingehalt des Silbers durch das Abtreiben oder die Cupellation gefunden, welches Verfahren in der Hauptsache darin besteht, daß ein Theil des zu prüfenden Silbers mit einem angemessenen Zusatz von Blei, in einem Schmelzgefäße besonderer Art der Hitze und Luft ausgesetzt ist. Solche Schmelzgefäße heißen Kapellen, bestehen aus kalcinirtem Knochenpulver und ausgelaugter Holzasche und haben die Eigenschaft, das geschmolzene Blei und Kupfer, welches sich in Oxyd verwandelt, durch ihre Wände hindurch zu lassen, während das reine Silber zurückbleibt und nun durch das Gewicht bestimmt werden kann. Noch sorgfältiger ist bei der Silberprobe das neuere Verfahren auf nassem Wege, welches darin besteht, daß eine gewogene Menge von legirtem Silber in Salpetersäure aufgelöst und zu dieser Auflösung so lange eine Auflösung des reinsten Kochsalzes in destillirtem Wasser und von einem genau bekannten Salzgehalte zugesetzt wird, bis sich kein Chlorsilber mehr niederschlägt, indem die Verwandtschaft des Silbers zu dem in der Salzauflösung enthaltenen Chlor so groß ist, daß die geringsten Mengen beim Zusammentreffen beider sich niederschlagen. Nach Maßgabe der zur Niederschlagung des Silbers verbrauchten Menge Kochsalz wird darauf der Feingehalt der Legirung aus Tabellen bestimmt. – Probat heißt bewährt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 578.
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