Reh

[656] Reh (das) gehört zu den Geweihe tragenden, wiederkäuenden Säugthieren, und lebt familienweise, d.h. 1–4 Weibchen mit einem Männchen wild in den ebenen und gebirgigen Waldungen von ganz Europa bis Norwegen und Schweden, jedoch mit Ausnahme von Rußland, sowie fast überall im mittlern und nördl. Asien. Ein naher Verwandter des Hirsches (s.d.), bildet es gleichsam die Mitte zwischen diesem und den Ziegen, wird etwa 4 F. lang, 21/2 F. hoch und 60 Pf. schwer, und sieht im Sommer obenher rothbraun, im Winter fast aschgrau aus. Der untere Hals ist geblich, der Bauch schmuzigweiß, die Umgebung des Afters gelblichweiß gefärbt, der Schwanz fehlt. Über die Nase geht ein schwarzer Streifen und das Männchen oder der Rehbock, im Gegensatze zu welchem das Weibchen Ricke, Geis und Reh genannt wird, hat ein aufrechtes, in zwei Spitzen ausgehendes, kurzes und knotiges Geweih, das erst nach dem vierten Jahre die wenigen Zacken bekommt; im Nov. und Dec. wird es abgeworfen und ist im Apr. wieder ersetzt. Die Nahrung der Rehe sind Klee und allerhand Wiesenkräuter und Feldfrüchte, Obst, Laub, junge Rinde von Bäumen und Sträuchern, Knospen und Reiser, wodurch sie den jungen Holzpflanzen schädlich werden. Im Mai oder Jun. bringt die Ricke in einem Dickicht gewöhnlich zwei Junge (Rehkälber oder Reh kitzen geheißen) [656] zur Welt, die schon in der zweiten Woche der Mutter folgen und vier Monate von ihr gesäugt werden. Das Reh läuft und springt sehr gut, hat eine sehr seine Witterung und ein scharfes Gesicht, und gibt einen bellenden Ton von sich, wenn es geängstigt wird. In manchen Gegenden wird es zur hohen, in andern zur mittlern Jagd gerechnet, gibt ein sehr wohlschmeckendes Wildpret, von dem der Rücken Rehzimmer, die Keulen Rehschlägel genannt werden, und Geweih und Fell werden ebenfalls benutzt. Wölfe, Füchse, der Luchs und die wilden Katzen sind die wesentlichsten Feinde der Rehe, welche auch von denselben Krankheiten wie der Hirsch (s.d.) zu leiden haben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 656-657.
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