Talg

[355] Talg oder Unschlitt, auch Inselt, nennt man das feste Fett mehrer pflanzenfressenden Säugthiere. Das Zellgewebe dieser Thiere gibt den meisten Talg. Der Rindstalg ist von heller, blaßgelber Farbe und widerlichem, aber schwachem Geruch, dabei fester als Schöpsentalg, welcher anfangs weiß ist, aber an der Luft allmälig gelb wird und einen sehr unangenehmen, ranzigen Geruch annimmt. Der Rindstalg ist häufiger, kommt jedoch gewöhnlich mit Schöpsentalg zusammengeschmolzen vor. Der Ziegentalg zeichnet sich durch Härte und Weiße aus; der schlechteste ist der Pferdetalg. Man gewinnt den Talg durch Auslassen (unter Erwärmung) aus den fleischigen und faserigen Theilen, mit denen er ursprünglich roh zusammenhängt, und erhält so zunächst rohen oder ausgelassenen Talg. Dieser wird nochmals mit Wasser eingeschmolzen, darauf durchgeseiht und so gereinigt und heißt nun geläuterter oder gereinigter Talg. Verwendet wird der Talg namentlich zur Lichter- und zur Seifebereitung, und man unterscheidet demgemäß Lichtertalg und Seifentalg. Jener ist frischer, weißer und reiner als der letztere. Im Allgemeinen ist der im Winter und in kalten Ländern gewonnene Talg besser als der im Sommer und in warmen Gegenden bereitete. Der Talg besteht aus zwei chemischen Bestandtheilen: dem Stearin oder Talgfett, welches fest, weiß und geruchlos ist, und dem Olein oder Ölfett, einem flüssigen, gelblichen und stinkenden Stoffe. Man hat in neuerer Zeit das Stearin durch Auspressen des Olein für sich dargestellt und es zur Lichterbereitung verwendet. Der deutsche Talg zeichnet sich vor allen andern Sorten aus, wird aber gewöhnlich in kleinern Portionen an die Seifensieder verkauft und kommt daher wenig in den Handel. Fast ebenso gut sind der holländ., irländ. und dänische Talg. Auch der poln. Talg wird geschätzt. Der russ. Talg ist geringer, kommt aber in der größten Menge in den Handel. Petersburg und Archangel sind die Hauptmarktplätze. Man unterscheidet weißen und gelben Talg, jener wird in Kübeln, dieser in Fässern verschickt und der gelbe ist gewöhnlich besser als der weiße. Auch Dalmatien, Illyrien, Ungarn, der Kirchenstaat und Toscana liefern Talg, und in neuerer Zeit kommt auch aus Südamerika viel Talg nach Europa. – In China gewinnt man aus der Frucht des Talgbaums einen vegetabilischen Talg, welcher alle Eigenschaften des thierischen haben soll. Der dem Birnbaume ähnliche Baum hat einen kurzen Stamm mit glatter Rinde. Die Frucht ist mit einer Schale umgeben, welche bei der Reise aufspringt und drei weiße Kerne von der Größe einer Haselnuß zeigt, die zerquetscht, mit Dampf erweicht, gestampft und zuletzt ausgepreßt werden. Man legt in China große Pflanzungen dieses nützlichen Baumes an.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 355.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: