Talma

[359] Talma (François Joseph), der ausgezeichnetste franz. Schauspieler, wurde zu Paris 1763 geboren, erhielt von seinem Vater, einem Zahnarzt, eine ausgezeichnete Erziehung und versuchte sich als Schauspieler zuerst in einem Privatvereine, welchen er mit einigen jungen Landsleuten in London stiftete. Dabei offenbarte er die ausgezeichnetsten Talente und so trat er nach seiner Rückkehr nach Paris in der eben errichteten königl. Declamationsschule auf. Er fand solchen Beifall, daß er von der Regierung den Befehl erhielt, auf dem Théâtre français aufzutreten, dessen Mitglied er bis zum Ende seiner künstlerischen Laufbahn blieb. Seine angeborenen Talente unterstützte er noch durch das emsigste Studium der Geschichte, des Costums, der Antiken, um den zugleich wahren und schönen Ausdruck der Leidenschaften in Mienen und Körperhaltung kennen zu lernen. Entscheidend für seinen Ruf war zu Anfang der Revolutionszeit seine Darstellung Karl IX. Seine Stimme war wohltönend, seine Gestalt und seine Gesichtszüge waren regelmäßig, wozu eine lebhafte Einbildungskraft, große Reizbarkeit, eine tiefe Empfindung und ein gebildeter Geist kamen. Er trat nur in tragischen Rollen auf und seine Darstellungen waren ein Spiegel der Natur, ohne je die edle Haltung wahrer Kunst zu verlieren. Die Revolution mit ihren gährenden Gedanken, ihren entsetzlichen Scenen, ihren glühenden Leidenschaften ward für ihn zur besten Lehrmeisterin. Die Schauspieler des Théâtre français theilten sich während der Revolution und Talma stand an der Spitze der neuen Gesellschaft »von der Straße Richelieu«, bis unter dem Directorium wieder beide Gesellschaften unter ein Directorium kamen. Napoleon schätzte den großen Künstler sehr hoch und hatte ihn oft in seiner Nähe. Talma starb 1826. Seine Gemahlin, Karoline, geborene Vanhove, war gleichfalls eine ausgezeichnete Schauspielerin, verließ jedoch schon 1810 die Bühne.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 359.
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