Testament [1]

[393] Testament, Altes und Neues, ist die Benennung der Bibel nach den zwei Haupttheilen derselben, den jüdischen und christlichen Religionsurkunden. Was im Hebräischen und Griechischen ein Bündniß, einen Vertrag bedeutet, das wurde in einer alten lat. Übersetzung der Bibel (Itala) durch testamentum übertragen, und daher schreibt sich der Ausdruck, weshalb er nicht in rechtlicher Bedeutung zu verstehen ist, sondern so viel als Zeugniß und Bekräftigung bedeutet. Die Juden betrachteten nämlich die Religion auf eine sinnreiche Weise unter dem Begriffe eines Bundes, den Gott mit den Menschen geschlossen, indem sie einerseits den Willen Gottes offenbarte, anderseits dem Menschen die Verpflichtung, demselben zu gehorchen, auferlegte. Die mit den göttlichen Geboten verbundenen Verheißungen und Drohungen gaben Zeugniß von der Heiligkeit und Unverbrüchlichkeit dieses Bundes, und die gottesdienstlichen Gebräuche und gesetzlichen Handlungen sollten das äußere und innere Kennzeichen derselben an seinen Gliedern auf das nachdrücklichste bekräftigen. Die [393] Religionsschriften wurden als Ausdruck des gesammten Inhalts der Religion Schriften des Bundes oder schlechthin der Bund genannt. Nach der jüdischen Vorstellungsweise wurde auch das Christenthum als eine neue Offenbarung Gottes an die Menschheit ein Bund genannt. Die Person Christi und die außerordentlichen Thatsachen seines Lebens gaben hier von dem aufs Neue geoffenbarten Willen Gottes das kräftigste Zeugniß, und ebenso sollte man an heiligen Handlungen und Gebräuchen, sowie an der ganzen sittlichen Beschaffenheit des Menschen erkennen, daß er in Christus mit Gott verbunden sei. Zur Unterscheidung von der jüdischen Offenbarung wurde die christliche der neue, jene der alte Bund genannt, wovon auch die Schriften der letztern den Namen Schriften des neuen Bundes oder neuer Bund erhielten. (Vgl. Kanon.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 393-394.
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