Deutsches Theater

[420] Deutsches Theater. Im Mittelalter entstanden die von Priestern in der Kirche, seit dem 12. Jahrh. unter Beihilfe von Laien auch auf Kirch- und Klosterhöfen, auf Straßen und Plätzen aufgeführten Oster-, Passions-, Weihnachts-, Dreikönigs- und Fronleichnamsspiele, anfangs in lat., später auch in deutscher Sprache von Geistlichen verfaßt. Neben diesen sog. Mysterien entwickelten sich aus den in der Fastenzeit stattfindenden Mummereien die komischen Fastnachtsspiele, bes. in Nürnberg, wo sie dann durch Hans Sachs' dramat. Dichtungen zur höchsten Blüte gelangten. In gelehrten Kreisen vertraten im 15. und 16. Jahrh. die lat., später auch deutschen Schulkomödien die Stelle der Fastnachtsspiele. Während bis dahin dramat. Aufführungen meist nur von Dilettanten zur eigenen Belustigung veranstaltet wurden, begannen gegen Ende des 16. Jahrh. Banden berufsmäßiger Schauspieler, engl. Komödianten, in Deutschland umherzuziehen. Ihr Einfluß zeigt sich in den Dramen von Ayrer und Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig. Dagegen wandten sich M. Opitz, Andr. Gryphius, Lohenstein wieder ganz von den Bedürfnissen und dem Geschmack des Bühnenpublikums ab, und so blieb es den Schauspielern bis ins 18. Jahrh. hinein überlassen, ihre Stücke, die sog. Haupt- und Staatsaktionen, bei denen nie der Hanswurst fehlen durfte, großenteils selbst zu improvisieren. An den Höfen wurden seit Anfang des 18. Jahrh. franz. und ital. Dramen und namentlich die Oper gepflegt. Eine Wendung zum Bessern ging auf Veranlassung Gottscheds von der Schauspielertruppe der Karoline Neuberin in Leipzig aus, von deren Bühne 1737 der Hanswurst feierlich verbannt wurde, womit er in Norddeutschland vom Theater verschwand, während er sich in Süddeutschland und bes. in Wien noch länger hielt. An der Schöpfung eines deutsch-nationalen Schauspiels hat Lessing den Hauptanteil; Begründer einer deutschen Schauspielkunst sind Konrad Ekhof, zunächst in Hamburg, und F.L. Schröder, der die Hamburger Schule nach Wien verpflanzte. Bald fand das D.T. Aufnahme an den Höfen, 1775 in Gotha, 1776 in Wien, 1779 durch Dalberg in Mannheim, wo Iffland eine neue Schule der Darstellungskunst ins Leben rief. Von Goethes Leitung des weimar. Hoftheaters (1791-1810) ging die idealistische Schule der Dicht- und Schauspielkunst aus, die im Gegensatz zu dem vorherrschenden Naturalismus auf den poet. Gedanken und die schöne Form das Hauptgewicht legte und bis auf die neueste Zeit mit jenem im Kampfe liegt. Um Beförderung einer einheitlichen Darstellung und künstlerischen Wirkung sowie Ausrottung des manierierten Virtuosentums machte sich seit den siebziger Jahren das Meininger Hoftheater mit seinen Gastspielreisen verdient. – Vgl. Ed. Devrient (5 Bde., 1848-74; neue Ausg., 2 Bde., 1904), Prölß (6 Bde., 1880-83), Litzmann (4. Aufl. 1897), Steiger (2 Bde., 1898), Martersteig (1904).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 420.
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