Reformierte Kirche

[503] Reformierte Kirche, im Unterschied von der luth. Kirche die von Zwingli und Calvin begründete prot. Kirchengemeinschaft, ausgehend von der Schweiz, wo zuerst Zwingli (s.d.) in Zürich die Reformation durchführte (1518-25), die dann auch in Bern und Sankt Gallen 1528, Basel und Schaffhausen 1529 siegte. Dagegen widerstanden ihr die Urkantone sowie Luzern und Freiburg; ein Bürgerkrieg brach aus, und der Sieg der Katholischen bei Kappel 11. Okt. 1531 setzte der Reformierung der deutschen Schweiz ein Ziel; doch folgten in der franz. Schweiz 1530 Neuchâtel, 1535 Genf. Hier entstand seit 1536 durch Calvin (s.d.) die eigentümlichste und strengste Form der R. K., die dann auch in einem Teile Deutschlands, in Frankreich, England, Schottland, den Niederlanden, Polen und Ungarn Eingang fand. Hauptunterschiede der schweiz. und der luth. Reformation: die Kirchenverfassung (dort Presbyterial-, hier Konsistorialverfassung); die Abendmahlslehre (nach Luther reale Gegenwart des Leibes und Blutes Christi, nach Zwingli nur symbolische, nach Calvin geistige); Calvins Prädestinationslehre. In einigen luth. Kirchen Deutschlands wurde die der R. K. gegenüber versöhnliche Lehrweise Melanchthons zuletzt als heimlich eingedrungene Lehre Calvins (sog. Kryptocalvinismus) blutig unterdrückt, jedoch in andern Gebieten (Pfalz, Anhalt, Bremen, seit 1613 auch Brandenburg) zur deutschreform. Kirche ausgebildet, aber erst 1648 vom Reiche als solche anerkannt. In Frankreich erhielten die Reformierten oder Hugenotten (s.d.) durch das Edikt von Nantes 1598 Duldung, nach Aufhebung desselben (1685) und langer Verfolgung erst 1830 Gleichberechtigung. In England traten der katholisierenden bischöfl. Hochkirche (s. Anglikanische Kirche) die strengcalvinischen Presbyterianer und zahlreiche Sekten gegenüber. Seit dem 18. Jahrh. ließ in beiden prot. Kirchen der Gegensatz zwischen lutherisch und reformiert nach; in Deutschland führte diese Entwicklung 1817 zur Union (s.d.). Von den Bekenntnisschriften der alten R. K. sind die berühmtesten: »Confessio Tetrapolitana«, 1530 zu Augsburg überreicht; »Confessio Helvetica I« (1536), bes. in der Schweiz verbreitet; »Confessio Gallicana« (1559); die 39 Artikel der engl. Hochkirche (1562); »Confessio Belgica« (1562); »Confessio Helvetica II« (1566), die neben dem »Heidelberger Katechismus« (1562) den größten Einfluß erlangte. – Vgl. Schweizer, »Die Glaubenslehre der evang.-reform. Kirche« (2 Bde., 1844-47); »Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der R. K.« (10 Bde., 1857-63); Blösch, »Geschichte der schweiz. R. K.« (1899); Müller, »Die Bekenntnisschriften der R. K.« (1903).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 503.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: