Anis (Botanik)

[214] Anis (Botanik). (Gemeiner Anis.) Ein Dollengewächs, ehemals absinthium dulce, jetzt nach Linné pimpinella anisum genannt, ursprünglich in Aegypten und Syrien zu Hause; aber in Spanien, Frankreich und Deutschland, vorzüglich in Thüringen bei Gotha und Erfurt, so wie auch bei Magdeburg und in Franken stark angebaut. Ein Dorf bei Mühlhausen (Ballstadt genannt) soll, wie man sagt, jährlich für 10,000 Thaler Anis absetzen. Die Pflanze bedarf einen lockern, etwas lehmigen Boden, und der Samen muß Ende März oder Anfang April wie Hirsen gesäet werden. Ende August wird die Pflanze gelbbraun und der Samen hart. Dann muß die Ernte schnell geschehen. Wie nützlich der etwas scharf, aber süß schmeckende, sehr gewürzhaft riechende Anissamen in der Arznei-, Koch- und Backkunst, so wie in feinern Conditoreien ist, sehen wir täglich durch die Erfahrung bestätigt. In Apotheken[214] wird er vielfach gegen Kolik, Verschleimung, Magenschwäche, Husten u. s. w. angewendet; auch gibt er einen sehr angenehmen Liqueur. Sternanis, Badian, (moskovitischer, chinesischer Fenchel, anisum stellatum, illicium anisatum) ist ein in China, Japan und auf den philippinischen Inseln einheimischer Baum, von der Größe eines Kirschbaums, den die Braminen heilig halten und aus seinen Zweigen Kränze für ihre Götter und Verstorbenen flechten. Die sehr gewürzhafte Rinde wird zum Räuchern gebraucht. Die Frucht besteht meistens aus 8 sternförmigen, an einander sitzenden, länglichen, rostfarbigen Samenkapseln, die auswendig runzlig, inwendig glatt sind und einen weißlichen Kern einschließen. Zu Ende des l6. Jahrhunderts brachte ihn der Engländer Candish zuerst nach Europa, wo man den Samen an Geruch und Geschmack noch lieblicher und als Arzenei noch kräftiger als den gemeinen Anis fand. Samen und Kapsel enthalten viel ätherisches Oel. Sehr heilsam gegen Katarrh sind die schwarzen, aus Anis, Zucker und Süßholz verfertigten Anis- oder Sternkügelchen. Auch ist der aus Sternanis bereitete Arrak und Branntwein seiner und angenehmer als der gewöhnliche Anisliqueur.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 214-215.
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