Anna von England

[220] Anna von England, Königin von England, Tochter König Jakob's II., mit Anna Hyde, seiner ersten Gemahlin gezeugt, wurde den 6ten Februar 1665 zu Twickenham bei London geboren. Ihre Eltern waren streng[220] katholisch, sie aber wurde nach dem Willen Karl's II. nicht nur in der protestantischen Lehre erzogen, sondern auch von mehrern ansehnlichen Verbindungen mit katholischen Fürsten, die sich ihr darboten, abgehalten. Mit Georg, Prinz von Dänemark vermahlt, bestieg sie nach dem Tode Wilhelm's von Oranien den englischen Thron. Sie setzte den von Wilhelm angefangenen Krieg wegen der spanischen Erbfolge fort, was sie ihm hatte auf dem Sterbebette geloben müssen, und erst 1713 (ein Jahr vor ihrem Tode), schloß sie, vereint mit Holland, einen Frieden mit Frankreich. Sie war wohlthätig und milde, aber die Regierungsgeschäfte wurden größtentheils von ihren Lieblingen, dem Herzog und der Herzogin von Marlborough geleitet, welche diesen Einfluß benutzten, die Königin auch persönlich zu beherrschen. Endlich fielen sie in Ungnade, und zwar hauptsächlich aus der kleinlichen Ursache, weil die Herzogin einen Muff von neuer und ganz besonderer Art, den die Königin zu besitzen wünschte, nicht für sie gekauft hatte, indem ihr der vom Kaufmann dafür geforderte Preis um drei Guineen zu hoch geschienen. Er ward daher das Eigenthum eines Lords, welcher ihn seiner Geliebten schenkte, die damit zu dem bittersten Verdruße der Königin prunkte. Nach einer zwölfjährigen Regierung, deren merkwürdigstes Ereigniß die Vereinigung Schottlands mit England war, die sich im Jahre 1706 dergestalt zwischen beiden Königreichen begründete, daß ihre Verbindung nicht bloß dem Namen nach bestand, sondern den Schotten Sitz und Stimme im englischen Parlament eingeräumt wurde, starb die Königin Anna am 1. August 1714, nachdem ihr Gemahl ihr bereits sechs Jahre vorausgegangen war. Von den vielen Kindern, die sie ihm geboren, erreichte nur eins das eilfte Jahr, und die Krone Englands ging daher von ihrem Hause auf das Haus Hannover über.

A.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 220-221.
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