Auguste Friederike

[372] Auguste Friederike, Prinzessin von Hessen-Homburg, nachher vermählte Erbgroßherzogin von Mecklenburg-Schwerin, war ebenfalls wie die oben erwähnte verwitwete Erbprinzessin von Anhalt-Dessau eine Tochter des verewigten Landgrafen Friedrich Ludwig Wilhelm von Hessen-Homburg. Sie wurde ihm am 28. November 1776 geboren. Ihre Schwestern verließen schon in frühester Jugend das elterliche Schloß, um ihrer Bestimmung in die verschiedenen Länder zu folgen, deren Fürsten sich um sie beworben hatten. Um so mehr fühlte sich die Prinzessin Auguste Friederike in ihrem Innersten verbunden, ihrem ehrwürdigen Vater die Trennung von diesen trefflichen Töchtern zu erleichtern, indem sie strebte, ihre Pflichten gegen ihn mit der treuesten Hingebung kindlicher Liebe zu erfüllen. Ihr klarer, durch die sorgsamste Erziehung mit Kenntnissen bereicherter Geist gewährte dem kränkelnden Vater stets eine dem hohen Standpunkte seiner Bildung angemessene Unterhaltung, und ihr reiches Gemüth seinem Herzen Trost, Freude und Zuversicht. Sie besaß sein unbegränztes Vertrauen und verdiente es durch die Tugenden, die früh schon in ihr keimend, jetzt durch die reiferen Jahre und eine ungeheuchelte Frömmigkeit immer milder und wohlthuender sich in ihr befestigt hatten. So hatte sich die Hoffnung, daß sie als seine Pflegerin bei ihm ausharren werde, bereits zur entschiedenen Ueberzeugung in ihm gestärkt, und es erschütterte ihn schmerzlich, als er wahrnahm, daß die Prinzessin den Bewerbungen des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin ein geneigtes Gehör schenkte, und sich entschlossen zeigte, ihm ihre Hand zu geben. Theils vermochte[372] sie wohl seine einnehmende Persönlichkeit, sein geistreiches Wesen, und das ehrende Vertrauen, mit welchem er seinen mutterlosen Waisen in ihrem bewährten Charakter die schönste Sicherheit ihres Gedeihens zu erschließen strebte, theils der höhere Glaube, daß diese Verbindung und der mit ihr vereinigte Beruf, jenen verwaiseten Kindern eine mütterliche Führerin zu werden, ihre wahre Bestimmung auf Erden enthalte, zu dieser ernsten Entscheidung ihres Schicksals. Der Landgraf, obgleich die ganze Größe des ihn bedrohenden Verlustes fühlend, und Anfangs darüber trauernd, überwand jedoch bald den Schmerz der Trennung durch das Anerkennen der schweren, aber würdigen Aufgabe, welcher die Prinzessin sich unterzogen hatte. Obgleich er es nicht über sich vermochte, bei ihrer Vermählung gegenwärtig zu sein, so weihte er doch, versöhnt mit ihrem Entschluß, sie durch seinen Segen zu dem Bunde ein, den sie aus so edlen Bewegungsgründen knüpfte. Den 3. April 1818 erfolgte die eheliche Einsegnung. Sie übernahm nun mit Muth und Freudigkeit die ihr so theure Pflicht, den zarten Hinterlassenen zweier Mütter (die erste Gemahlin des Erbgroßherzogs war Helene, Großfürstin von Rußland, die zweite Caroline Louise, Prinzessin von Sachsen Weimar) zu ersetzen, was sie verloren, und sie that es auf eine Weise, die ihr die zärtlichste Anhänglichkeit dieser Kinder und die innigste Dankbarkeit ihres Gemahls erwarb. Nur 18 Monate lebte sie mit dem Erbgroßherzog in der zufriedensten Ehe, als ihn der Tod in seinem 41. Jahre von ihrer Seite riß. Doch ein heiliges Vermächtniß blieben ihr seine Kinder. Sie erzog sie mit so vieler Liebe, Sorgfalt und Treue, daß sie mit Zuversicht hoffen durfte, sie für diese und jene Welt würdig ausgestattet, und ihnen den Weg zum wahren Glück gezeigt zu haben, zu dem eine demuthsvolle und ungeheuchelte Frömmigkeit am sichersten führt. Ihr nicht bloß streng moralischer, sondern auch tief religiöser Lebenswandel wird in Mecklenburg als das edelste Vorbild weiblicher Würde und Tugend verehrt, und es ist wohl[373] Keiner im Lande, der, sie theils persönlich, theils durch ihren Ruf kennend, nicht mit hoher Achtung ihrer gedächte, und dieser trefflichen Fürstin die längste Lebensdauer wünschte.

A.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 372-374.
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