Mecklenburg-Schwerin

[157] Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, zwei deutsche Großherzogthümer. M. Schwerin mit 453,000 Ew. auf 228 Quadrat M., wird im Osten von Pommern und Strelitz, im Norden von der Ostsee, westlich von Lauenburg und südlich von [157] Brandenburg begrenzt. Das ganze flache Land wird nur von einem schmalen Landrücken durchzogen, die Meeresküsten sind niedrig, sandig und steinig. Der Boden ist reich bewässert, fruchtbar, reich an den fettesten Wiesen, Weideplätzen und Getreidefeldern; manche Gegenden, namentlich an den zahlreichen Binnenseen, sind malerisch. Die Waldungen sind vortrefflich. Man baut alle Arten Getreide, Hanf, Flachs, Hopfen, Raps, Tabak etc. Die Viehzucht ist von hoher Bedeutung, die mecklenburger Pferde sind die besten in Deutschland, die Schafheerden werden durch spanische Merinos veredelt. Noch bedeutender ist die Federviehzucht und die Fischerei an der Ostseeküste und in den zahlreichen Landseen. An Mineralien gibt es nur Kalk, Gyps, Braunkohle, Torf, Salz, Bernstein. Mineralbrunnen hat man bei Goldberg, Dobberan und Parchim. Die Industrie beschränkt sich auf Woll- und Leinwandweberei; als bedeutende Handelsplätze gelten Rostock, Wismar, Boitzenburg, Güstrow. – Die Einwohner, wendischen Ursprungs, reden die plattdeutsche Sprache und sind mit geringer Ausnahme Lutheraner. Für wissenschaftliche Bildung sorgen: die Landesuniversität Rostock und mehrere gelehrte Schulen zu Schwerin, Güstrow, Wismar, Ludwigslust. Residenzen des gegenwärtigen Großherzogs Friedrich Franz sind abwechselnd Schwerin und Ludwigslust, im Sommer Dobberan. – Mecklenburg-Strelitz besteht aus zwei von einander getrennten Theilen, die nach verschiedenen Seiten von Brandenburg, Schwerin, Lauenburg, dem Gebiete der fr. Stadt Lübeck etc. begrenzt werden. Beide enthalten einen Flächenraum von 49 Quadrat M., worauf 84,000 gewerbthätiger, ackerbautreibender Menschen wohnen. Boden, Klima und Producte sind denen von Schwerin gleich. Der Hauptfluß ist die schiffbare Trave; von bedeutenden Gewässern erwähnen wir noch die Havel (zum Theil schiffbar), den Ratzeburger- und den Tollensee. Die Einwohner sind, bis auf wenige Katholiken, Lutheraner. Unterrichtsanstalten finden sich zu Neustrelitz, Neubrandenburg, Friedland und Ratzeburg. Der[158] gegenwärtige Großherzog Georg residirt zu Neustrelitz. Das Geschichtliche des Landes hat einen mannichfach poetischen Hintergrund. Es hausten hier Heruler und Vandalen; sie wurden von Slaven verdrängt, deren Hauptstämme, Obotriten und Wilzen, sich endlich fest setzten. Heinrich der Löwe eroberte das oboiritische Reich und bekehrte 1167 den Herzog Przibislaw. Dieser ist der Stammvater der noch regierenden Häuser, der einzigen Regenten slavischen Stammes in Deutschland. Durch die deutsche Sprache wurde allmählig die slavische verdrängt, mit dem Christenthume wuchs auch die Kultur, und es erstanden Städte an der Ostsee. Wallenstein's Herrschaft über Mecklenburg dauerte nur von 1627 bis 1632, durch den Erbvertrag zu Hamburg 1701 ward das Land in die noch bestehenden zwei Großherzogthümer getheilt. Auf dem Wiener Congresse erhielten beide Häuser die großherzogliche Würde. Vergessen darf nicht werden, daß eine der edelsten Frauen der Welt, Preußen's vergötterte Luise, aus dem Hause Mecklenburg stammt.

4.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 157-159.
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