Bund der Liebenden

[220] Bund der Liebenden in Frankreich, war unter Philipp V. eine galante Thorheit. Ritter und Frauen vereinigten sich zu einem Bunde (ligue des amans), wo es ihnen zur Pflicht gemacht war, sich Entbehrungen, Pönitenzen, ja sogar Martern aller Art aufzuerlegen, um einander wechselseitig von der Heftigkeit ihrer Liebe zu überzeugen. So verpflichteten sich Manche bei der größten Kälte sehr leicht, dagegen bei der stärksten Hitze sehr warm bedeckt zu schlafen. Sie mußten im Sommer am Feuer sitzen, und durften des Winters ihre Kamine nicht heizen, sondern bloß mit Immergrün ausschmücken. Wenn ein solcher Ordensritter das Haus einer Dame, die zum Bund gehörte, besuchte, so spielte er den Herrn darin, und der Gatte der Dame mußte ihn darin nicht nur gewähren lassen, sondern sein Roß bedienen, und durfte, so lange er da war, das Gemach seiner Frau nicht einmal betreten. – Diese aus falscher Empfindelei hervorgegangene Thorheit hatte aber bald ein Ende. – Einzelne Beispiele verliebter Pönitenz kamen auch im deutschen Mittelalter zur Zeit der Minnesänger vor; so schnitt sich der Ritter und Minnesänger Ullrich von Lichtenstein, um[220] seine Geliebte von der Heftigkeit seiner Zuneigung zu überzeugen, den kleinen Finger der linken Hand ab.

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Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 220-221.
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