Goethe-Bund

[168] Goethe-Bund, eine Gruppe von Vereinigungen, die im März 1900 ins Leben gerufen wurde, als die künstlerischen und literarischen Kreise Deutschlands durch den im Reichstage vorgelegten neuen Entwurf der lex Heinze (s. d.) die Freiheit des künstlerischen Schaffens bedroht sahen. Die Anregung dazu ging von München aus, wo ein G. begründet wurde, der alle zum Beitritt aufforderte, denen das Wohl der deutschen Kunst und Wissenschaft am Herzen liegt. Auf München folgte unmittelbar Berlin, wo sich ein G. mit dem Zweck bildete, »alle intellektuellen und künstlerischen Kräfte zum Schutze der Freiheit von Kunst und Wissenschaft dauernd zusammenzufassen« und besonders seinen Mitgliedern, die durch die gegen diese Freiheit gerichteten Gesetze oder Polizeiverordnungen bedrängt werden, mit juristischem Beirat zur Seite zu stehen. Da auch in andern deutschen Städten (Dresden, Stuttgart, Darmstadt, Mainz, Hamburg etc.) Vereinigungen zu gleichem Zweck und mit gleichem Namen gegründet worden sind, bildete sich ein allgemeiner deutscher G., dessen verschiedene Glieder jedoch nicht von einer Zentralstelle abhängig sind, sondern einander gleichgeordnet gemeinsame Ziele verfolgen. Auch nachdem die Majorität des Reichstags die besonders gefahrdrohenden Paragraphen des Gesetzes fallen gelassen, blieb der G. bestehen. Im November 1900 fand in Weimar eine Versammlung aller Goethe-Bünde statt, auf der die Absendung einer Petition an den Reichstag um eine voll ige Beseitigung der Theaterzensur beschlossen wurde. Der Berliner G. beschloß 1902 die Stiftung eines deutschen Volks-Schillerpreises. Die Zahl der Mitglieder aller Goethe-Bünde betrug 1903 etwa 10,000.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 168.
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