Evangelischer Bund

[195] Evangelischer Bund zur Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen, Name einer aus Anlaß der Art, wie in Preußen der sogen. Kulturkampf beigelegt wurde, 1886 zustande gekommenen Vereinigung evangelischer Christen verschiedener Richtungen, die den Zweck verfolgt, das evangelische Bewußtsein zu stärken, alle Protestanten zur gemeinsamen Abwehr römischer Übergriffe zu vereinigen und durch diese gemeinsame Arbeit zugleich die lähmenden Parteigegensätze innerhalb der evangelischen Kirche Deutschlands zu überwinden. Bereits auf der Jahresversammlung der evangelischen Mittelpartei zu Halle 26. Mai 1886 in Aussicht genommen, wurde die Gründung des Bundes in Erfurt 5. Okt. 1886 beschlossen. Die konstituierende Generalversammlung fand 15.–17. Aug. 1887 in Frankfurt a. M. statt. Als eine Hauptaufgabe betrachtet der Bund den Kampf gegen Rom in der Presse, zu welchem Behuf er zeitgemäße Flugschriften (bisher 215 Hefte) verbreitet und die wirksame »Kirchliche Korrespondenz für die deutsche Tagespresse« herausgibt. Die Mehrzahl der bisher dem Bunde beigetretenen Männer gehört den mittlern Richtungen an, doch sind auch die kirchliche Rechte und Linke durch namhafte Persönlichkeiten vertreten, trotzdem sich der Vorstand der positiven Unionspartei in Preußen veranlaßt gefunden hat, vor der Teilnahme am Bunde zu warnen.[195] Ende 1903 bestanden 37 Hauptvereine mit 694 Zweigvereinen und rund 172,000 Mitgliedern; daneben noch eine Anzahl angeschlossener Vereine sowie akademischer Ortsgruppen. Vorsitzender des Bundes ist Graf von Wintzingerode-Bodenstein, in seiner Stellvertretung Konsistorialrat Goebel in Halle, Schriftführer Professor Witte in Halle. Vgl. Nippold, Ziele und Vorgeschichte des Evangelischen Bundes (Berl. 1889); Warneck, Der Evangelische Bund und seine Gegner (Gütersl. 1889); Witte, Der Evangelische Bund, sein gemeinsames Recht und sein getanes Werk (25. Aufl., Barm. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 195-196.
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