Liegnitz, Auguste, Fürstin von

[364] Liegnitz, Auguste, Fürstin von, Auguste, Fürstin von, geb. Gräfin v. Harrach. Der liebliche Wahn unserer Vorfahren, der alten Germanen, daß holde Jungfrauen die abgeschiednen Helden in Walhalla empfangen und mit süßem Kosen und liebevollem Walten sie umgeben zum Lohne ihrer Großthaten, hat sich in neuerer Zeit auf eine freundliche Weise noch im Leben an dem deutschen Heldenkönig Friedrich Wilhelm III. von Preußen erfüllt. Ihm, dem Hartgeprüften, den sein Volk segnet, sandte die vergeltende Gottheit in der schönen und milden Gräfin Auguste v. Harrach den Lebensengel, der seine blutig errungene Lorbeerkrone mit den Rosen der Liebe durchflicht. Die Naturschönheiten und Heilkräfte der böhmischen Bäder rufen alljährlich den Herrscher Preußens in ihre fruchtbaren, von gewaltigen Höhen beschützten Thäler und in dem freundlichen Teplitz trat ihm zuerst im Jahre 1821 auf einem Balle die Tochter des östreichischen Grafen v. Harrach aus Sachsen, und in ihr diejenige entgegen, der das Geschick beschieden, ihm so viel zu werden. Die junge Gräfin Auguste, zu Prag am 30. Aug. 1800 geb. und in einem presburger Kloster erzogen, folgte später ihren Eltern nach Dresden, wo sie sehr eingezogen lebte und trotz ihrer Schönheit nur von Wenigen gekannt war. Großes Aufsehen erregte daher die Kunde, daß ihr, die gleich einem Veilchen im Verborgnen geblüht, das würdige Loos[364] gefallen sei, Friedrich Wilhelm zu fesseln. Indessen fühlte sie, selbst bei den unverkennbaren Beweisen von Auszeichnung, die ihr der liebende Fürst gab, jene zarte Scheu vor einem Glück, an dessen Wirklichkeit ihr bescheidner Sinn zweifelte und den Bitten ihrer besorgten Tochter nachgebend, verließen der Graf und die Gräfin Harrach Teplitz, um an einem stillern Orte Hoffnungen zu vergessen, deren Erfüllung sie für unerreichbar hielten. Schmerzlich empfand dagegen Preußens Herrscher die Abwesenheit der jungen, sanften Gräfin, deren frische Reize einen so tiefen Eindruck auf ihn gemacht hatten. Sein Entschluß war bereits gefaßt und die Sommerbewohner des Buschbades bei Meißen, unter denen sich auch seit Kurzem die Geliebte mit ihrer Mutter befand, erstaunten nicht wenig, als er eines Tages plötzlich, nur von zwei Vertrauten begleitet, dort erschien. Ehrfurchtsvoll umschloß der kleine Kreis den verehrten König und noch bewahren Viele davon das Andenken an die rührende Weise, auf welche, bei einem allgemeinen Spaziergange, die stille Neigung des Monarchen sich offenbarte. Augusten, die der geheimen Ahnung ihres jungfräulichen Sinnes nur gegen die theure Mutter Worte zu geben wagen durfte, blieb von diesem wichtigen Besuche noch keine gewisse Bestimmung ihrer Zukunft, sondern nur eine einfache Graspflanze, deren grüne, violett gerandete Blattspitzen ohne bekannte Bedeutung, doch so deutungsvoll zu ihr sprachen, weil seine Hand sie für sie gepflückt hatte. Nach Dresden zurückgekehrt erhielten bald hierauf die Eltern die ernste Werbung des Königs um die Hand ihrer Tochter, und als alle Hindernisse beseitigt worden waren, segnete am 9. November desselben Jahres der Bischof Eylert zu Charlottenburg die morganatische Ehe seines Monarchen und der zur Fürstin v. Liegnitz erhobenen Gräfin Harrach, feierlichst ein. Die königliche Familie, der die Neuvermählte nunmehr angehören sollte, war vorher durch den dazu beauftragten Herzog von Mecklenburg in Kenntniß gesetzt worden und begrüßte in ihr diejenige, deren Tugenden die innigste Sorge für das[365] Wohl ihres hochverehrten Oberhauptes versprachen, ohne daß sie deßhalb Ansprüche auf den Rang einer Königin machte. Bald soll ten Leiden, der beste Prüfstein für ein edles Gemüth, ihr Gelegenheit geben, den hohen Beruf, dem sie ihre reiche Jugend geweiht hatte, getreulich zu erfüllen. Ein unglücklicher Fall warf ihren königl. Gemahl auf ein hartes Krankenlager. Pflegend und tröstend wie ein wahrer Schutzgeist, weilte in diesen Angststunden die anmuthige Fürstin unermüdet an seinem Lager. Aus ihren milden Augen strahlte ihm Lebenshoffnung entgegen und ihre Arme hielten ihn im erquickenden Schlummer an der treuen Brust, bis sie selbst fast den Anstrengungen und Nachtwachen erlag. Dankbar erkannten die Seinen und das bewundernde Volk diese Liebessorgfalt, und als endlich der theure König genas, schrieben tausend Stimmen dieses Glück, nächst der allgütigen Vorsehung, der gefeierten Fürstin v. Liegnitz zu. Jahre sind seitdem verflossen und haben wie immer zerstört und geschaffen; allein unverändert blieb in allen Zerwürfnissen der neuesten Zeit die Achtung und Liebe, die eine große Nation der würdigen Gefährtin ihres Königs zollt.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 364-366.
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