Potsdam

[275] Potsdam, diese schöne, regelmäßig gebaute, aber wenig belebte Stadt liegt am Zusammenfluß der Havel und Nuthe. In etwa 1700 steinernen Häusern von zwei bis vier Geschossen enthält sie an 32,000 Ew. Sie besteht aus der Alt- und Neustadt, zu welcher auch der Kietz, die Friedrichstadt und das holländische Revier gehört, und hat außerdem 5 Vorstädte. In der Altstadt erhebt sich das königl. Schloß, ein längliches Viereck, in welchem die Gemächer, welche einst Friedrich der Große bewohnte, noch unverändert geblieben sind. Außerdem gehören zu den sehenswerthen Gebäuden in der Altstadt die heilige Geistkirche, das Prediger- und Schulhaus, das Rathhaus, mit dem kolossalen Atlas auf der Kuppel, der 74 Fuß hohe Obelisk von weißem und rothem Marmor,[275] mit den Brustbildern der drei ersten Könige und des Kurfürsten Friedrich Wilhelm; das Reit- und Exercirhaus, mit seiner hängenden Decke, die Garnisonkirche, mit dem schwarzen Marmorsarkophage Friedrich Wilhelm's I. unter der Kanzel, mit dem zinnernen Sarge Friedrich's des Großen, und dem schönen Glockenspiel. In der Neustadt sind bemerkenswerth das große Militair-Waisenhaus, das neue Casino, die französische Kirche, das Schauspielhaus Und der Wilhelmsplatz. Für das Gedeihen von Kunst und Wissenschaften sorgen ein treffliches Gymnasium, ein Landschullehrerseminar, eine Gärtnerlehranstalt, die kurmärkische ökonomische Gesellschaft, die Luisenstiftung zur Ausstattung tugendhafter Mädchen, die Friedensgesellschaft zur Unterstützung talentvoller Jünglinge, die philharmonische Gesellschaft, der große Gesangverein, die Operngesellschaft und mehrere kleine Gesangvereine. In den Umgebungen von Potsdam dürfte Schloß und Garten von Sanssouci, der Lieblingsaufenthalt Friedrich's II., der anziehendste und interessanteste Punkt sein; inzwischen sind die Anlagen in altfranzösischem Geschmack mehr nett und abgecirkelt, oft spielend, als großartig. Neben dem Schlosse befindet sich die königl. Bildergalerie, gegenüber das Cavalierhaus. Das Schloß selbst erhebt sich auf einem 60 Fuß hohen, terrassirten Hügel. Zu den Sehenswürdigkeiten des Gartens gehören die Rotunde mit acht Marmorstatuen, das japanische Haus, der runde, mit Marmor ausgelegte Antikentempel, der offene Freundschaftstempel, der chinesische Thurm etc. – In der teltower Vorstadt steht auf dem mit angenehmen Spaziergängen umgebenen Brauhausberge eine Burg im alten wendisch-gothischen Geschmack. Man genießt von dort einer trefflichen Aussicht. Die russische Kolonie, Alexandrewna, mit Häusern im russischen Geschmack, von Nationalrussen bewohnt, ist vollendet, so wie auch das neue Palais des Prinzen Karl, die Glienikerbrücke und die neue Kirche. Potsdams Handel und Gewerbe sind wegen der nahen Hauptstadt nicht bedeutend; dagegen bringen der Hof, die Garnison[276] und der Sitz der Regierung eines Regierungsbezirks Wohlstand, Leben und Bildung in den innern Verkehr.

B....i.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 275-277.
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