Somru oder Simru, Beggum

[281] Somru oder Simru, Beggum oder Simru, Beggum (d. i. Fürstin) Königin von Serdanah, einem inmitten der englischen Besitzungen in Ostindien gelegenen kleinen Staate, ist jetzt 96 Jahr alt und hat ihren Namen so berühmt gemacht, daß er selbst in Europa gekannt ist. Nach der Auflösung des großen Mogulreiches erkämpfte sich mit Hilfe anderer Parteigänger ein Franzose, Sombre, der im Dienste des Nabob's von Patna zu bedeutendem Ansehen gelangt war, das Ländchen Serdanah, und erhielt von Ludwig XVI. ein Obristpatent zugesandt. Nach Landessitte heirathete er neben seiner ersten christlichen Frau noch eine Parsin, die wegen ihrer schönen, weißen Gesichtsfarbe den Beinamen Simru, Silberglanz, führte. Plötzlich starb er, und seine rechtmäßige Frau und deren Sohn würden, da er nicht mehr Zeit gehabt hatte das Versteck seiner Schätze zu bezeichnen, in eine sehr üble Lage gerathen sein, wenn nicht Simru[281] für sie mit außerordentlicher Energie gehandelt hätte. Diese entschlossene Frau stellte sich an die Spitze des Heeres und vertheidigte das kleine Reich gegen feindliche Nachbarn, zugleich verkaufte sie all ihr Eigenthum, um durch die gewonnenen Summen die leeren Staatskassen zu füllen und einem Banqueroute zuvorzukommen. Bei alle diesen Handlungen unterstützte sie der Obergeneral ihrer Truppen, wiederum ein Franzose, Levasseau, eifrig, und bekehrte sie selbst zur Annahme des Christenthums. Aus Dankbarkeit reichte sie ihm die Hand und erhob ihn zu sich auf den Thron, den sie so wohl verdient hatte. Obwohl glücklich in seiner neuen Lage, sehnte sich Levasseau doch nach seinem Vaterlande zurück, und entwarf der Gemahlin so verführerische Schilderungen vom schönen Frankreich, daß sie einwilligte mit ihm und ihren Schätzen heimlich zu entfliehen. Leider wurden sie verrathen und einzeln zurückgebracht. Somru, die von ihren beleidigten Unterthanen das Aergste erwartete, ließ ihrem Gatten sagen, sie habe einen Diamanten verschluckt, worauf sich Levasseau, der sie nicht überleben wollte, erschoß. Dennoch starb die Fürstin nicht, sondern entkam vielmehr glücklich aus dem Gefängnisse und entthronte Sombres Sohn, der nach der Krone gegriffen hatte. Um sich mächtige Freunde in der Nähe und dadurch Frieden zu verschaffen, vermachte sie, die Kinderlose, ihr kleines Reich der englisch-ostindischen Compagnie, der es nach ihrem Tode zufällt. Mittlerweile lebt Somru der Ausübung von Religions- und Wohlthätigkeitspflichten, d. h. sie spendet milde Gaben von Dschandernagor bis Rom und läßt fleißig katholische Kirchen bauen. Daß es jedoch ihrer Frömmigkeit noch sehr an wahrem Geiste des Christenthums gebricht, beweist folgende empörende That, die sie beging. Seit ihrer eigenen Trennung vom Gegenstande ihrer Neigung will Somru unter ihren Dienerinnen nur Vestalinnen dulden, und wehe der, die es wagt der Liebe Gehör zu geben. Eine Unglückliche beging dieß Verbrechen und ward, nachdem ihr Liebhaber ermordet worden war, auf Somru's Befehl lebendig mit ihrem Kinde begraben.[282] Damit aber Niemand der Armen zu Hilfe kommen könne, ließ die Königin ihren Teppich auf das Grab breiten, legte sich darauf und rauchte gelassen ihre Pfeife, bis sie erwarten konnte, daß das Opfer ihrer Unmenschlichkeit verschieden sei.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 281-283.
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