Spaa

[308] Spaa. In den schönen fruchtbaren, an so vielen Producten und Erzeugnissen reichen Niederlanden, und dem Theil derselben, der ehemals das Bisthum Lüttich bildete, liegt fünf Stunden von der berühmten Tuchmanufacturstadt Verviers, und 7 Stunden von Lüttich das freundliche, außer der Badesaison stille, im Juni, Juli und August aber glänzend belebte Spaa, dessen kräftige Stahlquellen den Cyclus der Producte des Bodens schließen, welche Kraft[308] bereiten oder Werkzeug und Spielwerk der Kraft werden. Die hohen, den Ort umgebenden Berge, Kinder der Ardennen, die sich weit hin, die Thalwege begrenzend, fortspinnen, und überall der Fabrik- und gewerblichen Thätigkeit fördernde Mittel bieten, bergen in ihren Eingeweiden die Steinkohlen, Eisen und Minerallager, denen die Quellen ihre Wunderkraft verdanken und das Wasser mit Eisen in einer Weise sättigen, wie es bei keinem andern Stahlbrunnen gefunden wird. Der Flecken Spaa hat 500 Häuser und über 3000 Ew., die fast nur durch die Badegäste und durch die Fertigung der unter dem Namen Spaaarbeiten bekannten lackirten und gemahlten Holzwaaren, meist Toilettengegenstände, wie die jetzt von unsern Damen mit Stickereien und Gemälden verzierten weißen Tischlerarbeiten, ihren Unterhalt gewinnen. Die prachtvollen Hotels, die schönen Wohnhäuser, die splendiden Kurgebäude und freundlichen, den Zwischenraum zwischen den Brunnen ausfüllenden Anlagen geben dem Orte ein großartiges und freundliches Ansehen. Der Pouhon am Markte ist die stärkste Quelle an Mineralgehalt, deren Wasser auch allein und zwar nach allen Weltgegenden, selbst in die Tropenländer verführt wird. Geronstère liegt eine gute halbe Stunde von der Vorigen, La Sauvenière eben so weit. Diese ist von lieblichen Boskets umgeben und soll die älteste sein. Der Tonnelet entspringt 1 Stunde von Spaa in einer sumpfigen Wiese, Freneuse. Diese Quelle wird zu Bädern benutzt und bei ihr sind auch die Plongleoirs, Tauchbäder, angebracht. Die Quellen Grösbeck, Watroz, Niveset, Barisart u. s. w. sind weniger bedeutend. Der Pouhon und nächstdem der Géronstère werden am meisten getrunken. Das Wasser ist in allen Schwächekrankheiten, wie Pyrmont (s. d.) heilsam. Man vereinigt sich früh am Poxhon, trinkt ne aufgegebene Becherzahl, fährt oder reitet dann zu einer der andern drei Quellen, frühstückt zu Hause oder im Vauxhall, wo Musik Heiterkeit verbreitet, geht auf die Promenade, ißt um 3 Uhr, promenirt und fahrt, bis Schauspiel und Ball den Tag beschlossen[309] haben. Die Umgegend ist reizend, oft mild, häufiger aber auf eine höchst erfreuliche Weise durch menschliche Industrie belebt, wodurch die Ausflüge sehr lehrreich werden. Die Städte der Umgegend tragen den Stempel des Alterthümlichen; überall wird man an die römischen Bezwinger der Eburonen und an die, den Segen der Kultur mit dem Christenthum in diese Gegenden vor einem Jahrtausend verbreitenden Apostel, besonders den S. Remaclus, erinnert, überall aber zeigt sich auch das regste Leben und Wohlhabenheit. Besonderes Interesse gewähren die herrlichen gothischen Kirchen von St. Trom, Tirlemont, Tougne u. s. w. mit den melodischen Glockenspielen, deren Reich an diesen Orten beginnt und auf dem Palaisthurme von Amsterdam endet.

D.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 308-310.
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