Ehrenfels, Christian Freiherr von

[149] Ehrenfels, Christian Freiherr von, geb. 1859 in Rodaun, Prof. in Prag. E. ist besonders von Brentano und Meinung beeinflußt. Das »Begehren« (Streben, Wollen) ist ein auf ein Ziel gerichteter Akt, »nämlich entweder auf die Existenz oder die Entstehung eines Dinges, das Eintreten oder Zutreffen eines Vorganges, oder aber auf die Nichtexistenz oder Vernichtung eines Dinges, das Hintanbleiben oder Aufhören eines Vorgangs«. Das Begehren ist kein spezifisches Bewußtseinselement, sondern nur »die – eine relative Glücksförderung begründende – Vorstellung von der Ein- oder Ausschaltung irgend eines Objekts in der oder aus dem Kausalgewebe um das Zentrum der gegenwärtigen Ichvorstellung«. Der Motivenkampf ist ein spezieller Fall der gelungenen oder sistierten allmählichen Ausbildung des Wunsches zum Streben oder Wollen. Das Motivationsgesetz ist das Gesetz der »relativen Glücksförderung«. Der Wert eines Dinges ist seine »Begehrbarkeit«. »Wert ist eine Beziehung zwischen einem Objekte und einem Subjekte, welche ausdrückt, daß das Subjekt das Objekt entweder tatsächlich begehrt oder doch begehren würde, falls es von dessen Existenz nicht überzeugt wäre«. Es gibt »Eigen«- und »Wirkungswerte«. Der höchste moralische Wert ist das Streben nach dem größtmöglichen Wohl der Gesamtheit. Das biologisch-sozial Förderliche ist das Feste in der Moralentwicklung. – »Gestaltqualitäten« nennt (zuerst) E; »positive Vorstellungsinhalte, welche an das Vorhandensein von Vorstellungskomplexen im Bewußtsein gebunden sind, die ihrerseits aus voneinander trennbaren (d.h. ohne einander vorstellbaren) Elementen bestehen«.

SCHRIFTEN: Über Gestaltqualitäten, Vierteljahrsschr. f. wissensch., Philos. 1890. – Werttheorie u. Ethik, Viertelj. f. w. Ph., 1893 f. – Von der Wertdefinition zum Motivationsgesetz, Arch. f. system, Philos. II, 1896. – Zur Philos. d. Mathematik, Viertelj. f. w. Ph., 1897. – Die Intensität d. Gefühle, Zeitschr. f. Psychol. VI, 1898. – System d. Werttheorie, 1897-98. – Über Fühlen u. Wollen, Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. in Wien, 1903. – Beiträge zur Selektionstheorie. Annalen d. Naturphilos, III. Grundbegriffe d. Ethik, 1907. – Sexualethik, 1907, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 149-150.
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