Cardanus

[800] Cardanus, Hieronymus (Cardano Geronimo) geb. 1501 zu Pavia, wurde zu Mailand 1534 Professor der Mathematik, 1539 praktischer Arzt, 1543 Professor der Medizin, schlug 1547 einen Ruf nach Dänemark aus, reiste dagegen 1552 nach Schottland, um eine Cur zu vollbringen u. lehrte 1559–70 zu Pavia u. Bologna. In Folge einer ungegründeten Anklage einige Monate verhaftet, zog er nach Rom, erhielt als Mitglied des ärztlichen Collegiums eine Pension vom Papste und st. laut seinem Zeitgenossen und Bekannten Thuanus am 21. Sept. 1575 in selbst verschuldeter Dürftigkeit, nachdem sein ältester Sohn 1560 im Kerker enthauptet worden, weil derselbe seine untreue Frau vergiften wollte, der jüngere in Liederlichkeit untergegangen war. Aus den berühmtesten der vielen Schriften des C. schaut einer jener Vorboten der neuern empir. Philosophie heraus, die von einem Durste nach Erkenntniß gefoltert, aber vom Glauben verlassen ihre Schüler entweder einem wilden Leben. oder dem Aberglauben, im besten Falle einer späten Reue überliefert. In »de subtilitate lib. XXI« (Nürnberg 1550) bringen die Nichtchristen und Christen ihre Gründe für ihren Glauben und die der letztern sind jedesmal die schwächsten; »de rerum varietate lib. XXVII« (Basel 1551, Avignon 1558) entwickelte C.s Ansichten über Naturlehre und Metaphysik, weckte die Cabbala und Astrologie auf und die tiefsinnigsten Gedankenlagern dicht neben den seltsamsten u. abergläubigsten Träumereien. Seine innere Zerrissenheit zeigt sein »vita propria« (Amsterdam 1554), worin sich arge Selbstüberschätzung mit Rachsucht, Wohllust und dem Hang zum Spiel vertragen und vom Aberglauben beherrscht werden. Als Arzt und noch mehr als Mathematiker erwarb er sich große Verdienste, namentlich um Algebra und noch heute wird die von Tartaglia gefundene, doch von C. in der Schrift: »de arte magna« 1545 wortbrüchig zuerst veröffentlichte Formel für Lösung kubischer Gleichungen nach ihm benannt. Seine Schriften sammelte Spon (Lyon 1663, 10 fol.); die darin befindlichen Abhandlungen de fulgure und de abstinentia ciborum foetidorum gehören dem enthaupteten Sohne an.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 800.
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