Duns Scotus

[472] Duns Scotus, der scharfsinnigste Scholastiker (doctor subtilis) des Mittelalters, wurde wahrscheinlich zu Duns oder Dunston in Northumberland um 1266 oder schon 1245 geb., Minorite in Newcastle und von da nach Oxford geschickt, wo er im Merton Colleg studierte u. seinem Lehrer Ware im Lehramte folgte. Daß die Zahl der Zuhörer von 3000 auf 30000 stieg, mag Uebertreibung berichten und daß er bei einer feierlichen Disputation gegen die Dominikaner die unbefleckte Empfängniß Mariä mit 200 Gründen vertheidigte, ist schon deßhalb sehr unwahrscheinlich, weil diese Frage erst viel später Gegenstand des Streites wurde. D. kam um 1301 von Oxford nach Paris und wurde daselbst Regens der Hochschule; als ihn ein Schreiben des Generals nach Köln rief, wo ihn die Schöffen der Stadt haben wollten, ging er augenblicklich, ohne nur Abschied in seinem Kloster zu nehmen, dahin ab, st. jedoch bald nach seiner Ankunft im J. 1308. D. war Realist gleich Thomas von Aquin, stellte aber den allgemein herrschenden Thonisten die Schule der Scotisten gegenüber, brachte dadurch neue Entwicklung in die Wissenschaft und erhob mittelbar den Glauben der Kirche von neuem über alle Systeme. An seinen kritisch wenig gesichteten Schriften lobt Döllinger vor allem die objective Ruhe der Polemik; D. scheute den Zweifel nicht, weil der Glaube ihn über alle Zweifel erhob, u. suchte alle Gründe der Gegner mit einer Genauigkeit auf, daß man ihn zuweilen einen Skeptiker nannte. Einzige Sammlung seiner Werke von Wadding, Lyon 1639, 12 Fol., worin auch seine Commentatoren enthalten sind u. das Hauptwerk D.s, das 1304 in Paris vollendete Opus Oxoniense oder Commentar zu den Sentenzen die Hälfte ausmacht. Eine sehr brauchbare Summa theologica des D. S. lieferte Hieron. de Montefortino, Rom 1739, 5 Fol.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 472.
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