Duns Scotus

[285] Duns Scotus, Johannes, berühmter Scholastiker, geb. 1265 oder 1274 angeblich in Irland (s. Dunstanburgh Castle), gest. 1308 in Köln, wegen seiner scharfsinnigen Beweisführung Doctor subtilis genannt, war der Begründer der sogen. scotistischen Schule, trat in den Franziskanerorden, ward um 1300 Lehrer der Philosophie und Theologie in Oxford, 1304 in Paris, später in Köln. Er hat sein System in durchgängigem Gegensatz gegen Thomas von Aquino ausgebildet und damit eine neue Entwickelung der mittelalterlichen Philosophie angebahnt, die schon in seinem Schüler Wilhelm v. Occam (s. d.) aus dem Realismus in Nominalismus umschlug, nachdem zuvor D. eine vollständige Revolution in den religiösen und sittlichen Begriffen der Scholastik herbeigeführt hatte durch seine Lehre, daß nicht der Wille von der Vernunft, sondern diese von jenem abhängig sei, wie bei dem Menschen, so in Gott; daß nicht, was gut, Gott wolle, sondern, was als Wille Gottes sich kundgebe, uns unter dem Gesichtspunkt des Guten erscheine. Die Beweise, welche die natürliche Theologie für das Dasein Gottes, für die Unsterblichkeit der Seele aufstellt, betrachtet D. durchaus skeptisch, bestreitet aber diese Dogmen selbst keineswegs. Seine Hauptwerke[285] sind in dem sogen. »Opus oxoniense sive anglicanum« vereinigt; eine vollständige Ausgabe besorgte der Franziskaner Wadding (Leiden 1639, 12 Bde.). Vgl. Werner, Johannes D. (Wien 1880); Pluzanski, Essai sur la philosophie de D. S. (Par. 1887); Seeberg, Die Theologie des J. D. (Leipz. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 285-286.
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