Eiche

[509] Eiche, Quercus (Monoecia Polyandria. Amentaceae). Bei uns 2 wildwachsende Arten, die sog. Stein-E., Winter-E. (Q. Robus) und die Sommer-E., Trauben-E. (Q. pedunculata). Die Stein-E. unterscheidet sich von der Sommer-E. durch sparrigeren ausgebreiteteren Wuchs, auffallend rissige Rinde und zackige im Alter wagrechte Aeste; dazu durch die am unteren Ende nicht herzförmig ausgelappten Blätter und die kürzeren elliptischen Früchte, welche fast immer zu mehreren ungestielt beisammen sitzen. Die Sommer-E. dagegen wächst mehr gerade in die Höhe mit minder ausgebreiteter Krone, ist überhaupt weniger knorrig u. rauh, wächst schneller, blüht um einige Tage früher, die Früchte sind größer u. länglicher u. sitzen auf einem längeren Stiel, und die Blätter laufen am untern Ende in eine herzförmig ausgelappte Basis zu. Von letzterer Art sieht man bisweilen die sog. Rasen-E., Pyramiden-E. u.s.f. als Spielarten. – In forstwirthschaftlicher Hinsicht ist manchmal die Sommer-E. als die häufigere u. brauchbarere eine der wichtigsten Holzarten theils für reine und gemischte Bestände, theils für Mittel- und Niederwälder, wo der Stockausschlag innerhalb 40 Jahren reichlich u. sicher erfolgt und in den ersten 10 Jahren sehr üppig wächst. Reine E.nbestände gedeihen weniger gut, als wenn die E.n mit Buchen und Nadelhölzern untermischt stehen; sie wachsen in ersterem Falle weniger stark und werden frühzeitiger abgängig. Trotz der großen Festigkeit des E.nholzes werden die Bäume mit dem Alter doch leicht hohl. Dieselben sterben nur nach und nach vom Gipfel anfangend ab, und werden erst nach mehreren Jahren ganz dürr. – Die E.n wollen einen tiefgründigen warmen Boden haben, und die sicherste Anzucht geschieht aus dem Samen, der am besten den Winter über in Sand geschichtet und erst im Frühjahr, wenn keine Spätfröste mehr zu fürchten sind, mit sorgfältiger Schonung der Keimspitzen auf die Saatbeete in Reihen gesteckt werden muß. Mit dem 2. oder 3. Jahre werden die Sämlinge in die Pflanzschule versetzt, wo sie alsdann bisweilen bis zum 10. Jahre stehen bleiben. Das Einkürzen der Pfahlwurzel hat mit Vorsicht zu geschehen, und auch später müssen die jungen E.n mit vieler Sorgfalt aus der Pflanzschule ausgehoben u. an Ort u. Stelle versetzt werden, wenn sie nicht viele Jahre lang nachher kümmern sollen. – Das E.nholz ist ein sehr geschätztes Bau-, Werk- und Nutzholz. Frisch wiegt der Cubikfuß 69–70, ausgetrocknet 44–45 Pfd. Als Brennholz steht es dem Buchenholz nach, ist aber immerhin noch gut. – E.n muß man fällen, sobald sie einen nur noch unbedeutenden Zuwachs haben und Anzeichen da sind, daß es mit ihnen abwärts geht, was bei der einen schon mit 50, bei der anderen noch nicht mit 160 Jahren der Fall ist. – Sonstige Benützung 1) die Rinde, namentlich von jungen, zum Gerben wegen ihres Gehaltes an Tamin, welches mit dem thierischen Faserstoff eine Verbindung [509] eingeht u. dadurch die darin enthaltene Gallerte unlöslich macht. Man schält sie im vollen Safte im Mai, und zu 100 Bund Rinde sind ungefähr 6–8 Klafter Holz nöthig; 2) die Früchte zur Mästung der Schweine, die sog. Eichelmast, entweder indem die Thiere in den Wald getrieben werden, oder aber die Eicheln im Walde verfüttert bekommen, welche dazu verschiedenartig vorbereitet werden. Während der Mast müssen die Schweine viel Wasser haben, weil die Eicheln ein sehr erhitzendes Futter sind. Auch anderes Vieh und namentlich Geflügel läßt sich mit Eicheln mästen; 3) die Früchte zum sog. Eichelkasse, ein Getränk für skrophulöse Kinder. Die Eicheln werden zu diesem Zwecke geschält, halbbraun geröstet, zu Pulver gemahlen, u. aus diesem der Kasse auf gewöhnliche Weise bereitet; 4) auch Brod kann aus Eicheln bereitet werden, wenn man ihnen zuvor den Bitterstoff nimmt mittelst Auskochens mit etwas Aschenlauge oder mit Kalkwasser und nachherigem Abspülen mit reinem Wasser, worauf sie einen Geschmack ähnlich dem der Kastanien erhalten. Auf 1 Theil Eichelmehl müssen 2 Theile Getreidemehl kommen, weil ersteres sonst nicht in Gährung gerathen will. – Andere E.narten. Von der Q. tinctoria (Nordamerika) kommt das sog. Quercitronholz, ein Färbestoff (s. d. Art.); von der Q. suber, Kork-E. (Spanien u. das wärmere Europa) das Kork- oder Pantoffelholz (s. Korkholz); von der Q. aegilops u. der lusitanica, Knopper-E. (Ungarn, Griechenland, Levante und Spanien) die Galläpfel u. Knoppern (s. d. Art.); von der Q. coccifera, Kermes- oder Scharlach-E. (in Südeuropa) die Kermesbeeren (s. d. Art.); Q. esculus, Speise-E. (Südeuropa) u. Q. prinus, kastanienblätterige E. (Nordamerika) haben eßbare Früchte, und die Q. cerris, burgundische E. (Südfrankreich, Spanien) liefert die franz. Galläpfel. Die Acclimatisirung verschiedener nordamerikan. E. narten, so namentlich der Q. prinus, rubra, coccinea u.a.m. ist schon mehrfach dringend empfohlen worden, hauptsächlich ihrer Schnellwüchsigkeit wegen; Versuche im Größeren bei der gewöhnlichen Forstcultur haben aber gezeigt, daß dieselben jung zwar etwas schneller wachsen, dagegen in Bezug auf Güte und Dauerhaftigkeit des Holzes unseren einheimischen Arten nachstehen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 509-510.
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