Kondensator [1]

[590] Kondensator, elektrischer, Apparat nach dem Prinzip der Leidener Flasche [3], [4] (s.a. Bd. 3, S. 402), der wie diese imstande ist, eine größere Elektrizitätsmenge zu binden.

Im einfachsten Falle [2] besteht er aus einer Zusammenstellung zweier Leiter (Belegungen), die durch einen Isolator (Dielektrikum, s.d.) voneinander getrennt sind. Die gebräuchlichsten Kondensatoren werden so hergestellt [4], daß man auf ein Blatt in geschmolzenes Paraffin getauchtes Papier ein Blatt Stanniol legt, dessen Rand an drei Seiten einige Zentimeter gegen den Papierrand zurücksteht, während es an der vierten Seite diesen Rand überragt. Hierauf kommt wieder ein Blatt Papier und auf dieses ein Blatt Stanniol, das über den Papierrand an einer andern Stelle als das erste Stanniolblatt hervorsteht u.s.w. Die nach der einen Seite überstehenden Ränder der Stanniolblätter 1, 3, 5, 7 u.s.w. werden dann durch Zusammenklemmen miteinander zu einer Belegung verbunden, ebenso die Blätter 2, 4, 6 u.s.w. Statt das Papier zu paraffinieren, kann es auch mit Leinölfirnis und Kolophonium getränkt werden. Auch Glimmer, Hartgummi oder Glas finden Verwendung.

Verbindet man die Belegungen eines Kondensators mit einer Stromquelle, so fließt von dieser eine gewisse Elektrizitätsmenge auf dieselben (der Kondensator wird geladen), die proportional ist der elektromotorischen Kraft der Stromquelle und einer von der Form und Größe der Kondensatorbelegungen und der Art des Dielektrikums abhängigen Konstante C, die Kapazität des Kondensators genannt wird. Sie ist der Größe der Belegungen direkt, der Dicke der Zwischenschicht indirekt proportional und abhängig vom Material (s. Dielektrikum und Dielektrizitätskonstante). Bezeichnet E die elektromotorische Kraft und Q die Elektrizitätsmenge, die auf den Kondensator übergeht, so ist Q = C · E. Setzt man E = 1, so wird Q = C, d.h. die Kapazität ist diejenige Elektrizitätsmenge, die der Kondensator aufnimmt, wenn er mit einer Elektrizitätsquelle von der Spannung 1 verbunden ist. Die Einheit der Kapazität ist das Farad; ein Kondensator hat die Kapazität 1 Farad, wenn er bei der Ladung mittels einer Stromquelle von 1 Volt Spannung eine Elektrizitätsmenge von 1 Coulomb aufnimmt. Den[590] millionsten Teil derselben nennt man Mikrofarad; 1 Mikrofarad = 10-6 Farad. Werte von Kapazitäten s. [1]. – Die aufgenommene Elektrizitätsmenge bleibt am den Kondensatorbelägen gebunden, auch wenn die Verbindung mit der Batterie unterbrochen wird. Erst wenn beide Belegungen miteinander, z.B. durch Einschaltung eines Galvanometers, in Verbindung gebracht werden, entladet sich der Kondensator wieder. Zu den Kondensatoren ist auch das Kabel zu rechnen [2]; s.a. Leitungen, elektrische, Kabel.

Der Kondensator findet Verwendung bei verschiedenen Aufgaben der praktischen Elektrotechnik, z.B. bei der Bestimmung von Selbstinduktionskoeffizienten, Kabeluntersuchungen, bei der Telegraphie ohne Draht [1] u. dergl. Bei Einschaltung eines Kondensators in einen Wechselstromkreis eilt der Strom der Spannung um 1/4 Periode voraus. Da nun in einem Wechselstromkreis mit Selbstinduktion der Strom gegen die Spannung zurückbleibt, so kann z.B. durch Parallelschalten eines geeigneten Kondensators zu einem Transformator mit offenem magnetischen Kreise (Transformator von Swinburne) die Stromstärke in der Zuleitung gegen die, welche ohne Einschaltung des Kondensators herrschen würde, erheblich verringert werden [4] (s. Wechselstrom und Umformer). Flüssigkeitskondensator (elektrolytischer Kondensator) ist eine Zersetzungszelle, die infolge der an ihren Elektroden auftretenden wechselnden Polarisation eine hohe Kapazität zeigt und daher ebenfalls eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung erzeugt (s.a. Motor, elektrischer). Ueber Anwendung des Kondensators beim Induktionsapparat s. Induktion und [4].


Literatur: [1] Strecker, Hilfsbuch für die Elektrotechnik, Berlin 1907. – [2] Fröhlich, Lehre von der Elektrizität und dem Magnetismus, Berlin 1878. – [3] Ayrton, Handbuch der praktischen Elektrizität, übersetzt von Krieg, Jena 1889. – [4] Holzt, Schule des Elektrotechnikers, Leipzig 1903. – [5] Handbuch der Elektrotechnik von Heinke und Ebert, Leipzig 1902/04.

Holst.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 590-591.
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