Wohnhaus [1]

[951] Wohnhaus, städtisches oder ländliches Gebäude für Wohnzwecke (vgl. a. Arbeiterwohnhäuser), Bd. 1, S. 276 ff., Bauernhäuser, Bd. 1, S. 572, Gehöfteanlagen, Bd. 4, S. 346 ff., Gutsbesitzerwohnhäuser, Bd. 4, S. 698.

Je nach seiner Lage und Umgebung sowie den Verhältnissen des Besitzers oder Bewohners und dessen Anforderungen in geschäftlicher Hinsicht oder an behaglichen Lebensgenuß, ist es auf die verschiedenste Weise ausgestaltet. In einfachen Verhältnissen wird das Wohnhaus entweder nur die Wohnung für eine Familie bilden oder aber mehrere Wohnungen enthalten, die dann gewöhnlich Mietwohnungen sind. Im ersten Falle sind Aufbau und Einrichtung den Bedürfnissen der Familie eng anzupassen, und können hierzu noch die nötigen Geschäfts- oder Arbeitsräume treten. Die zweite Art wird mehr im allgemeinen für bestimmte Bewohnerklassen einzurichten sein (vgl. Arbeiterwohnhäuser). Hinsichtlich der Lage und Umgebung unterscheiden wir das frei stehende Haus (s. Landhaus, Bd. 6, S. 67) oder das eingebaute Haus, das zwischen den Nachbargebäuden nach der Straßenflucht unter Einhaltung der Bauordnung (s. Baupolizei, Bd. 1, S. 627) erstellt wird. Eine einfache Wohnung enthält in der Regel einen Vorplatz (Diele) oder Gang (s.d., Bd. 4, S. 255), Wohn- und Besuchzimmer oder Eßzimmer, Schlafzimmer (s.d.), Kinderzimmer, Gastzimmer (s. Bd. 4, S. 307), Bad und Abort (s.d., Bd. 1, S. 24), Kammer für Dienstboten, ferner Küche (s.d., Bd. 5, S. 729) mit Speisekammer (s.d.), Waschküche und Keller (s.d., Bd. 5, S. 430). Vornehmere Wohnungen erhalten hierzu noch 1. Pförtner- und Dienerzimmer, 2. für die Geselligkeit: Empfangs- und Ansprachzimmer, Saal (s.d., Bd. 7, S. 535) und Billardzimmer, 3. Arbeitszimmer des Herrn und der Frau, Bibliothekzimmer, etwa Gewehr- oder sonstiges Kabinett für Sammlungen, 4. bei den Schlafzimmern: Ankleidezimmer, Wasch- und Badezimmer (s.d., Bd. 1, S. 452). Ferner können sich anschließen: Veranden oder Logen (s.d.), Wintergarten, Erker u. dergl. Die Mietwohnungen werden meist in mehrstöckigen Häusern, und zwar eine oder zwei im Stockwerk, angeordnet. Sie sind von gemeinsamen Treppen aus zugänglich, zu welchen Vorplätze oder Durchfahrten (s.d.) führen. Dabei wird die Ausnutzung des Bauplatzes durch Anordnung eines mehr oder weniger geräumigen Hofes (s.d., Bd. 5, S. 101) zu steigern sein, der seitlich oder ringsherum von Seitenbauten oder dem Hintergebäude (s.d.) umschlossen ist. – Den gesundheitlichen Anforderungen wird durch die richtige Anlage nach den Himmelsgegenden, durch gute Wahl der Baustoffe und eine sorgfältige Ausführung des Baues entsprochen werden, sowie durch Einrichtung einer Heizung (s. Bd. 5, S. 18 ff.), Lüftung (s. Bd. 6, S. 233), Beleuchtung und Wasserversorgung (s.d.) für Koch-, Trink- und Badezwecke. Auch ist Feuersicherheit tunlichst anzustreben. Dabei sollen die Wohnhäuser in ihrer inneren Einrichtung, der zweckmäßigen Anordnung und dem Grade der Ausschmückung den Lebensbedürfnissen und Gewohnheiten des Besitzers sich anschließen, in der architektonischen Ausgestaltung aber Ernst, Würde und Mäßigung herrschen und Ueberladung sowie Luxus vermieden sein. – Ueber Grundrißbildung und Aufbau gibt eine sehr umfangreiche Literatur von Einzelwerken und Fachschriften Anleitung und Beispiele; es sei hier besonders auf [1] und [2] verwiesen.


Literatur: [1] Böckmann, W., Städtische Wohngebäude, in Baukunde des Architekten, Berlin 1884, Bd. 2, S. 70 ff. – [2] Weißbach, K., Wohnhäuser, Handbuch der Architektur, Stuttgart 1902, 4. Teil, 2. Halbbd., Heft 1, mit weiteren Literaturangaben. – [3] Geul, A., Die Anlage der Wohngebäude u.s.w., 2. Aufl., Leipzig 1883. – [4] Eitelberger, R., und Ferstel, H., Das bürgerliche Wohnhaus und das Wiener Zinshaus, Wien 1860. – [5] Daly, C., Architecture privée an XIX. siècle, Paris 1862. – [6] Calliat, V., Parallèle des maisons de Paris, Paris 1857. – [7] Wolf, A., Der bauliche Komfort des Wohnhauses, Prag 1881. – [8] Hintz, Moderne Häuser, Berlin 1887/89. – [9] Rowald, Die neuen Formen des städtischen Wohnhauses in Deutschland, Hannover 1889. – [10] Dohme, Das englische Wohnhaus, Braunschweig 1888. – [11] Exter, A., Das deutsche bürgerliche Einfamilienhaus, Leipzig 1898. – [12] Schmohl und Stähelin, Ausgeführte städtische Bauten, Stuttgart 1899. – [13] Krauth, Th., und Meyer, F.S., Das Einfamilienhaus und seine Bauformen, Leipzig 1900. – [14] Nußbaum, H. Chr., Das Wohnhaus und seine Hygiene, Leipzig 1909. – Ferner folgende von den Architekten- und Ingenieurvereinen herausgegebenen Werke: [15] Frankfurt a.M. und seine Bauten, 1886. – [16] Cöln und seine Bauten, 1888. – [17] Hamburg und seine Bauten, 1890. – [18] Berlin und seine Bauten, 1896. – [19] Dresden und seine Hochbauten, 1878.

Weinbrenner.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 951.
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