Abschoß

[52] Abschoß (Abschied, Freigeld, Weglassung, Detractus), eine Abgabe, die von in fremdes Gebiet übergehendem Vermögen erhoben wird. Der A. kam in zwei Formen vor: 1) als Erbschaftsgeld (detractus realis, census hereditarius, gabella hereditaria, quindena), das von an Ausländer fallenden Erbschaften und Schenkungen zu entrichten war; 2) als Abfahrts-, Abzugsgeld, Nachsteuer (detractus personalis, gabella emigrationis), die von Auswanderern nach der Höhe des von ihnen weggeführten Vermögens erhoben wurde. Dieselbe wurzelte in den frühern Leibeigenschaftsverhältnissen und der durch dieselben bedingten Rechtsgestaltung. Im Verkehr zwischen deutschen Ländern wurden beide Abgabenarten durch die deutsche Bundesakte aufgehoben, und zwar ohne Entschädigung, auch wo Private zur Erhebung berechtigt waren. In Preußen wurde 1822 bestimmt, daß gegen andre Staaten, in denen das jus detractus nicht mehr zur Anwendung komme, fortan weder A. noch Abfahrtsgeld erhoben werden solle. Nach der Verfassungsurkunde von 1850 ist die Erhebung von Abzugsgeldern überhaupt nicht mehr zulässig. Aber auch im Verkehr zwischen andern Ländern sind sie meist durch internationale Vereinbarungen beseitigt. Das Erbschaftsgeld wird allerdings entrichtet, sofern die Steuer nach Maßgabe der Gesetzgebung über die Erbschaftssteuern (s. d.) auch von einheimischen Erben zu entrichten ist. Im übrigen trägt der A. mehr den Charakter der Retorsion.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 52.
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