Agra

[175] Agra, Hauptstadt der gleichnamigen Division (26,259 qkm mit [1901] 5,248,121 Einw. und 6 Distrikt en) der britisch-ind. Nordwestprovinzen, unter 27°10´ nördl. Br. und 78°5´ östl. L., 204 m ü. M., rechts an der Dschamna, über die eine großartige Eisenbahnbrücke führt, hat eine mittlere Temperatur von 25,5°. A. liegt in dem großen Bogen, den die Dschamna hier nach O. macht, in der Tiefe des Bogens das Fort, südlich davon die Kasernen der Garnison und nordwestlich die Regierungsgebäude, dazwischen das weit besser als in andern indischen Städten gebaute Quartier der Eingebornen. A. ist reich an monumentalen Prachtbauten, sämtlich im reinsten maurischen Stil. Die wichtigsten sind der große Palast Schah Dschebangirs mit der Audienzhalle und die Moti Masdschid (»Perlenmoschee«), aus prächtigem, weißem Marmor mit drei Kuppeln, beide in dem von rotem Sandstein erbauten Fort, die große Dschama Masdschid, die Hauptmoschee im NW. der Stadt, und vor allem der Tadsch (Tadschmahal), »ein Traum in Marmor«, das Kleinod von A., am rechten Ufer, das Mausoleum Schah Dschehans (1628–58) und seiner Gattin, mit weithin sichtbarer Kuppel von 18,8 m Durchmesser, woran 20,000 Arbeiter 22 Jahre unter Leitung des in A. begrabenen Baumeisters Austin von Bordeaux gearbeitet haben sollen. Im Innern, umschlossen von einem zart in Marmor ausgeführten Gitterwerk, stehen zwei Kenotaphe, die wie die Wände reich mit Blumen aus kostbaren Steinen und mit anmutigen Ornamenten geschmückt sind. Umgeben ist bas aus weißem Marmor ausgeführte und auf einer 18 m hohen Plattform ruhende Gebäude von einem geräumigen Garten, in dem sich ein langes, geradliniges [175] Bassin mit zahlreichen Springbrunnen befindet. Gegenüber am linken Ufer liegt das Mausoleum Ihtimad-ud-Daulas, des Wesirs Dschehangirs, ein ebenfalls reichgeschmückter Marmorbau, und 8 km entfernt bei dem Dorfe Sikandra das prächtige Grabmal Akbars. Von modernen Gebäuden sind nennenswert ein College, das Zentralgefängnis, das Gerichtsgebäude, das Waisenhaus der katholischen Mission und zwei Kirchen. Die Stadt hat mit der Garnison (1901) 188,300 Einw. (2/3 Hindu, 1/3 Mohammedaner, einige Tausend Christen), starke Industrie in Schuhen, Pfeifen, Goldtressen und schönen Mosaikarbeiten sowie lebhaften Handel mit baumwollenen Teppichen, Goldtressen und bearbeiteten Steinen, wogegen Tabak, Getreide, Salz, Baumwolle eingeführt werden. Den Handel fördern die hier zusammenlaufenden Eisenbahnen und die schiffbare Dschamna. A. besitzt vier Colleges und ist Sitz der obersten Divisionsbehörden. – Unter dem Lodhikönig Nizam Iskander (1488–1517) ward A., damals noch ein Dorf, Residenz; 1526 wurde es von Baber genommen, der es jedoch wieder an die Afghanen verlor. Erst Akbar besetzte es 1559 dauernd und machte es zur Hauptstadt. Schah Dschehan I. (1632 bis 1656) errichtete die oben genannten Prachtbauten. Aber schon Aurangzeb (1656–1706) verlegte die Residenz nach Dehli, und nach seinem Tode wurde die Stadt von den Dschat, Persern, Afghanen etc. verwüstet, bis die Ostindische Kompagnie sie 1803 den Mahratten nahm. Während des Sepoyaufstandes 1857 wurden die Engländer in dem Fort belagert, aber bald entsetzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 175-176.
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