Antinoos

[582] Antinoos, 1) der frechste unter den Freiern der Penelope (s. d.), daher zuerst von Odysseus mit dem Bogen erlegt.

2) Schöner Jüngling aus Claudiopolis in Bithynien, Liebling und Reisegefährte des Kaisers Hadrian, starb freiwillig unweit Besa im Nil aus Schwermut oder, einem Aberglauben folgend, um durch seinen Opfertod das Leben des Kaisers zu verlängern.

Antinoos (Relief der Villa Albani in Rom).
Antinoos (Relief der Villa Albani in Rom).

Der Kaiser ließ ihn unter die Heroen versetzen, erbaute ihm zu Ehren Antinoopolis (s. d.) auf den Trümmern von Besa sowie zahlreiche Tempel in Bithynien, in Arkadien und anderwärts und ordnete ihm jährliche Festspiele an. Auch ein Sternbild erhielt seinen Namen. Eine Menge von Statuen und Büsten, Gemmen und Münzen stellte ihn als das Ideal jugendlicher Schönheit dar, oft mit den Attributen einer bestimmten Gottheit (Dionysos, Hermes, Apollon, Asklepios u.). Viele dieser Bildwerke haben sich erhalten und gehören z. T. zu den schönsten Werken der römischen Kunst. Berühmt ist die kolossale Bildsäule des A. im Vatikan, aufgefunden in Palestrina, wo Kaiser Hadrian eine Villa hatte, den Jüngling als Dionysos darstellend, mit Efeukranz und hangenden Locken, und die Antinoosstatue im Kapitolinischen Museum, gefunden in der Villa Hadrians zu Tivoli. Als die treffendste Darstellung des A. dürfte das Reliefbrustbild aus Marmor in der Villa Albani gelten, das ebenfalls aus Hadrians Villa bei Tivoli stammt (s. Abbildung). Charakteristisch sind für die Antinoosbilder das starke, etwas durcheinander geworfene Haupthaar, die großen Augen mit plastisch hervorgehobenen, breiten Augenbrauen und vor allem der melancholische Gesichtsausdruck. Gegen Verehrung des A. eiferten noch im 4. Jahrh. die christlichen Kirchenlehrer vergebens. Vgl. Levezow, Über den A., dargestellt in Kunstdenkmälern (Berl. 1808); Dietrichson, Antinoos (Christiania 1884); Laban, Der Gemütsausdruck des A. (Berl. 1891). Des A. Verhältnis zu Hadrian ist Gegenstand der Romane »Antinous« von G. Taylor (Hausrath) und »Der Kaiser« von G. Ebers.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 582.
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