Arm

[774] Arm, die Vordergliedmaße des Menschen und Affen im Gegensatze zum Bein, im erweiterten Sinn Vor dergliedmaße der Wirbeltiere (Flügel, Vorderbein, Brustflosse). Der A. der Wirbeltiere, durch den Schultergürtel am Rumpfe beweglich, ist bei den höhern Klassen derselben durchgängig in übereinstimmender Weise gebaut und besteht aus Oberarm, unterarm und Hand, von denen sich der Unterarm typischerweise aus zwei, die Hand aus einer größern Zahl von Knochen zusammensetzt. Hiervon weicht die Brustflosse der Fische erheblich ab, sie besteht aus viel mehr Knochenstücken. Eine Vermehrung der letztern kommt bei den Wirbeltieren von den Amphibien aufwärts selten vor (größere Fingerzahl bei fossilen Reptilien, abnormer sechster Finger beim Menschen), dagegen häufig eine Verminderung: Verschmelzung der Unterarm-, Handwurzel- und Handknochen bei Amphibien, Vögeln und Säugetieren (besonders bei den Einhufern). Näheres s. bei den einzelnen Gruppen.

Beim Menschen besteht der Oberarm (brachium,[774] s. Tafel »Skelett des Menschen I«) aus einem starken Röhrenknochen (Oberarmbein, humerus), dessen Kopf eine Gelenkfläche zur Bewegung in der Gelenkgrube am Schulterblatt besitzt, während das Unterende mit einer Wölbung zur Einlenkung der beiden Knochen des Vorder- oder Unterarmes (antibrachium) abschließt. Dies sind die Elle (ulna, cubitus) und die Speiche (radius). Die Elle ragt mit dem sogen. Ellbogenfortsatz (olecranon, Fig. 2) noch über das Unterende des Oberarms hinaus und bewegt sich mit ihrer Gelenkfläche am Oberarm in einer einzigen Ebene, d.h. sie kann nur gebeugt und gestreckt werden. Die Speiche hingegen macht nicht nur diese Bewegungen mit, sondern kann sich auch noch, wenn die Elle ruht, um diese der Länge nach, an ihrem untern Ende um fast 180° drehen und nimmt hierbei die Hand, die nur an der Speiche befestigt ist, mit. Dadurch wi-d die Hand sehr frei beweglich. Die Muskeln, die sie mit dem Rücken nach vorn stellen, sind die Pronatoren, die ihnen entgegenwirkenden die Supinatoren. Das Schultergelenk, in dem sich der Oberarm bewegt, wird durch ein besonderes Band (s. Tafel »Bänder«) vervollständigt, gestattet aber dem Oberarm eine sehr ausgiebige Bewegung nach allen Richtungen hin (daher die leichte Ausrenkung des Armes). Die hierzu erforderlichen sehr starken Muskeln (s. Tafel »Muskeln«) entspringen teils von Brust und Rücken, teils vom Schlüsselbein und Schulterblatt. An der vordern Fläche des Oberarms liegen die Muskeln, die den A. im Ellbogengelenk beugen, an seiner hintern Fläche die, welche ihn strecken. Die Muskeln am Vorderarm dienen teils zur Pronation und Supination (s. oben), teils zur Beugung und Streckung der Hand und der Finger. Die große Armschlagader (arteria brachialis) geht über die erste Rippe hinweg, tritt unter dem Schlüsselbein in die Achselhöhle und verläuft an der innern Fläche des Oberarmes bis zur Ellbogenbeuge, wo sie sich in ihre Endäste teilt. Die Blutadern (Venen) begleiten teils die Arterien und münden in den unter dem Schlüsselbein gelegenen Blutaderstamm, der sich in die obere Hohlvene ergießt (s. Tafel »Blutgefäße«, Fig. 2 u. 4). Die Armnerven stammen von den vier untern Halsnervenpaaren ab und bilden nach dem Austritt aus dem Rückenmark das sogen. große Armgeflecht (s. Tafel »Nerven II«, Fig. 4). Am Ellbogengelenk ist der Nerv relativ wenig geschützt, daher das beim Stoß dagegen erfolgende schmerzhafte Gefühl (Mäuschen). – Bildlich nennt man A. den Teil eines größern Ganzen, der Gestalt oder Verrichtung eines Armes hat; z. B. Arme eines Flusses bei Verteilung desselben in mehrere Ströme, häufig vor der Ausmündung größerer Ströme; Arme eines Hebels, der Wage, des Haspels, der Hebezeuge etc.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 774-775.
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