Dialektik

[863] Dialektik (griech.), eigentlich die Kunst der Unterredung und Gesprächsführung; in dem Sprachgebrauch der Philosophie anfangs die Kunst eines regelmäßigen wissenschaftlichen Verfahrens mit Begriffen, also soviel wie Logik. Allmählich bildete sich aber der Sprachgebrauch dahin um, daß man unter D. die Kunst des logischen Scheins, die Fertigkeit verstand, den Gegner durch die falsche Anwendung logischer Formen, versteckte Fehlschlüsse etc. zu täuschen. So wurde die D. von den Sophisten geübt. Der Erfinder der D. als Unterredungskunst soll Zeno sein. Nach ihm haben sie Platon und Aristoteles, jeder nach eigner Ansicht, bestimmt; jenem ist sie die Methode des höchsten spekulativen Denkens, das seinen Gegenstand in reinen Begriffen vollständig durchdringt, diesem die Kunst, einen Gegenstand durch Denken von allen Seiten zu betrachten, in welchem Sinne sie vorzüglich bei den Scholastikern gelehrt wurde. In der neuern Philosophie hat Hegel die D. für die dem philosophischen Denken allein angemessene Methode erklärt, indem er darunter die Aufzeigung der dem Gegenstand selbst innewohnenden Widersprüche versteht, kraft deren alles Endliche in sein eignes Gegenteil umschlägt, um sich aus dieser Diremtion zu einer höhern, reichern Einheit wieder zusammenzufassen. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch versteht man unter D. in guter Bedeutung die angewandte Logik, in übler die sophistische Disputierkunst.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 863.
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